Holz dürfte sich bis Jahresende um ein Drittel verteuern, Stahl um ein Viertel, Kunststoff um mindestens 20 Prozent. Auch plötzliche Preissteigerungen könnten auf der Tagesordnung stehen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Managementberatung “Horváth”, für die mehr als 1000 Führungskräfte in zwölf europäischen Ländern befragt wurden. Brisant ist dabei: Die Teuerungen geschehen bereits auf einem seit Herbst deutlich gestiegenen Preisniveau.

Verstärkte Nachfrage stößt auf reduziertes Angebot

Die Befragten weisen vor allem auf das von der Corona-Krise ausgelöste Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage bei Rohstoffen hin. “Das Angebot ist so knapp geworden, dass die Nachfrage nicht mehr bedient werden kann”, sagt ein Teilnehmer. “Die Nachfrage stieg so plötzlich, dass wir unvorbereitet waren”, erzählt ein anderer. Ein weitere Führungskraft berichtet aus ihrem Alltag: “Alle zwei bis drei Tage werden die Rohstoffpreise nach oben angepasst. Den Trend geben Nordamerika und China vor, wo die Preise bereits um ein Drittel höher sind als in Europa.”

Die Studie hält fest: “Während die Hersteller Produktion und Lagerbestände pandemiebedingt herunterfahren mussten, stieg die Nachfrage nach Möbeln und anderen Einrichtungsgegenständen sowie Bau- und Renovierungsmaterialen für Innenräume und Außenanlagen an.” Ungünstige Naturereignisse wie extreme Trockenheit oder durch Borkenkäfer verursachte Schäden hätten in jüngster Vergangenheit zu weiteren Engpässen geführt. Die durch Lockdowns unterbrochene Lieferketten mussten sukzessiv reaktiviert werden. Der Stau im Suezkanal-Kanal und die Blockade eines der weltweit größten Container-Häfen in China haben die Situation noch weiter verschärft.

Rohstoffpreise seit Herbst um 30 Prozent gestiegen

Die Rohstoffpreise sind in der Folge nahezu explodiert, um durchschnittlich 30 Prozent seit Herbst 2020 und 20 Prozent seit Jahresbeginn. Den stärksten Anstieg verzeichnet Holz, hier hat sich der Preis in Deutschland seit September verdoppelt. An der Spitze liegen ansonsten metallische Sekundärrohstoffe mit 65 Prozent

Hersteller rechnen mittelfristig mit keinem Ende der Preisspirale. Im Gegenteil: Ob Holz, Stahl oder Kunststoff, Gas oder Methanol – bei nahezu allen Rohstoffgruppen gehen die betroffenen Branchen von weiteren Preissteigerungen im zweistelligen Bereich bis zum Jahresende aus. “Leere Läger, ein eingeschränktes Angebot und eine anhaltend hohe Nachfrage werden somit zur langfristigen Überstrapazierung der Rohstoffmärkte führen”, warnt die Horváth-Studie.

Rekordwert für Holz denkbar, weiterer Anstieg bei Warmstahl

Für Holz erwarten die befragten Hersteller einen Anstieg von bis zu 33 Prozent bis Jahresende. Als stärkster Treiber gilt die anhaltend hohe Nachfrage nach Holzprodukten. Hinzu käme ein Angebotsrückgang, beispielsweise bei der sibirischen Lärche. Sollten weitere Lockdowns wegen der Delta-Variante folgen, steuere man auf ein Rekordhoch zum Jahresende hin.

Bei einem weiteren Rohstoff, Warmstahl, sind die Preise pro Tonne seit Jahresbeginn um 60
Prozent gestiegen. In der Branche rechnet man mit einem weiteren Anstieg um 18 Prozent bis Jahresende. Ein Problem ist hier: Die Wirtschaft hat sich schneller erholt als die Produktionsmengen wieder hochgefahren werden konnten. Einem eingeschränkten Angebot auf der einen Seite stehen Kunden auf der anderen gegenüber, die ihre Lagerbestände nahezu aufgebraucht haben und jetzt wieder füllen wollen.

Rekordhoch bei Kunststoff hat weitreichende Folgen

Auf einem Rekordhoch befindet sich auch der Preis für Kunststoff – mit Trend nach oben. Auch hier ist die unerwartet schnelle konjunkturelle Erholung ein Preistreiber. Kunststoff wird für nahezu alle langlebigen Güter wie Immobilien, Autos, Möbel und Haushaltsgeräte benötigt, und bei allen wurde eine sprunghaft angestiegene Nachfrage verzeichnet. Lieferungsengpässe durch Extremwetter in den USA erschweren die Situation. Einige Kunststoffmaterialien sind so teuer wie seit 2015 nicht mehr.

Weitere starke Preissteigerungen werden für Kupfer, Eisenerz, Öl, Palladium und Rhodium erwartet. “Und auch Materialien sowie Halbfertigprodukte verzeichnen starke Preisanstiege, was vor allem die Möbelindustrie hart trifft, unterstreicht die Studie.

Ein Studienteilnehmer klagt: “Die Situation auf den Rohstoffmärkten ist derart angespannt, dass immer mehr Handwerksbetriebe ihre Arbeit einstellen und Kurzarbeit beantragen müssen, weil trotz hoher Auftragslage einfach zu wenig Rohstoffe am Markt zu beschaffen sind, selbst zu überteuerten Preisen.”