Anwaltskollege Florian Höllwarth gab in einer E-Mail bekannt, die beiden würden “eine Individualbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof vorbereiten, zumal die angekündigten Maßnahmen einzelner Politiker als auch des Gesundheitsministerums eine Spaltung der Gesellschaft schaffen und aus unserer Sicht massiv Verfassungs-/Gesetzeswidrig sein werden.” Eine genaue Zahl der Anfragen von Personen, die die beiden Rechtsanwälte bei diesem Vorhaben unterstützen wollen, kann Scheer zwar nicht nennen, es seien aber „sehr, sehr viele Anfragen. Wenn es so weiter geht, können wir bald eine Volksabstimmung machen.“ Er sei die letzten Tage vorwiegend mit der Administration der dauernd eintrudelnden Anfragen beschäftigt gewesen.

Testen ist einzig ehrliche Methode

Scheer denkt, dass eine 1-G-Regel rechtlich nicht haltbar ist. Bei der momentanen Studienlage könne nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden, dass die Impfung vor einer Infektion, Weitergabe oder Erkrankung schütze.„Eigentlich ist das Testen die einzig ehrliche Methode, wo man eine aktuelle Infektion ziemlich sicher ausschließen kann“, so der Rechtsanwalt. Auch Genesene würden klar diskriminiert werden.

Anwälte zwischen den Fronten

Für das Vorhaben, sich auf eine mögliche Klage vorzubereiten, würden er und sein Kollege Mag. Höllwarth in den letzten Tagen „gefetzt und gefeiert“ werden – von „beiden Seiten. Den einen sind wir zu wenig radikal, die anderen meinen, dass wir nur Coronaleugnern in die Hände spielen.“ Der Begriff des Impfgegners störe ihn, viele Menschen würden einfach noch abwarten oder auf verbesserte Impfstoffe warten.

„Man kann nicht einfach so Ungeimpfte ausschließen“

Für Scheer stellt  1-G einen indirekter Impfzwang dar. Im Falle der Implementierung einer solchen Regel würde eine Ungleichbehandlung vorliegen. „Man kann nicht einfach so Ungeimpfte von Orten oder Aktivitäten ausschließen“. Auch der materielle Schaden sei enorm, „stellen Sie sich beispielsweise vor, eine Schwimmschule darf nur noch geimpfte Kinder unterrichten – die gehen pleite.“

Mag. Scheer habe nicht damit gerechnet, dass das Vorhaben so eine hohe Resonanz bei der Bevölkerung findet.

„Diskriminierte müssen momentan warten“, sagt Scheer. Der Verfassungsgerichtshof brauche immer seine Zeit. Mehr als wenige Monate sollten es dieses Mal bis zur Urteilsverkündung aber nicht sein. „Bei so einem großen Interesse würde bei einer Klage gegen 1-G schneller gearbeitet werden“, ist er sich sicher.

Anschober-Periode war rechtlich gesehen sehr chaotisch

Über die Amtsperiode von Ex-Gesundheitsminister Anschober meint er:  „Rechtlich gesehen ist in der Anschober-Zeit sehr chaotisch gearbeitet worden.“ Dieser habe „den Überblick über die Situation einfach nicht gehabt. Seit Juli 2020 muss aber anders gearbeitet werden“ – damals wurden mehrere Verordnungen der Regierung im Nachhinein für verfassungswidrig erklärt und aufgehoben. Der Kurz-Regierung traue er Maßnahmentechnisch allerdings einiges zu.„Die meisten in dieser Regierung sind ja unerfahren, waren nie in der Opposition” Sie hätten meist auch keine Erfahrung mit parlamentarischem Arbeiten.

Öffentlich-rechtlicher Umgang mit Diskriminierung ist hinterfragenswürdig

Scheer gibt zu, dass er „schon etwas erstaunt“ gewesen sei, dass die Nachtgastronomie die 2-G -Regel so widerstandslos hingenommen hätte.  „Wenn die Regeln aber allzu absurd werden, halten sich die Leute auch nicht mehr dran.“ Hinterfragenswürdig findet er auch, dass öffentlich-rechtliche Medien „eine bevorstehende 1-G-Regel einfach kritiklos schlucken“ würden. Auch Gesundheitsstadtrat Hacker (SPÖ) sei eine große Überraschung gewesen. Dass dieser im Bezug auf eine 1-G-Regel so direkt vorgeprescht sei, hätte ihn schon gewundert.

Die Idee für eine Diskriminierungsklage haben er und Höllwarth übrigens schon länger gehabt. Dass das Vorhaben so hohe Wellen schlage, habe ihn aber gewundert. „Naja, es kommen Leute zu mir und sagen, irgendeiner muss ja jetzt  gegen diese Ungerechtigkeit aufstehen.“ Das seien nun eben er und sein Kollege.