Das Death Penalty Information Center (DPIC) veröffentlichte in seinem jährlichen Bericht über die Todesstrafe in den USA eine erschreckende Statistik. Aus dieser geht hervor, dass sage und schreibe 35 Prozent der 20 in diesem Jahr durchgeführten Hinrichtungsversuche problematisch verliefen oder sogar abgebrochen werden mussten.

Einige zogen sich quälend in die Länge, weil die Beamten verzweifelt versuchten, eine Vene für die Injektion des tödlichen Serums zu finden. Anwälte veranlasste das dazu, das Hinrichtungsverfahren als eine Form der „Folter“ zu bezeichnen.

Charles Brooks war vor 40 Jahren der Erste, der per tödlicher Spritze hingerichtet wurde

Erste tödliche Injektion wurde in den USA vor 40 Jahren verabreicht

Infolge dieser schwerwiegenden Pannen können sieben Hinrichtungsversuche in diesem Jahr als verpfuscht betrachtet werden. Allein, die Hinrichtung per Todesspritze ist noch immer die vorherrschende Methode in den USA beim Vollzug der Todesstrafe.

Die erste tödliche Injektion wurde vor fast genau 40 Jahren, am 7. Dezember 1982 in Texas durchgeführt, als dem verurteilten Mörder Charles Brooks eine tödliche Dosis Natrium Thiopental verabreicht wurde.

Für den Geschäftsführer von DPIC, Robert Dunham, ist es an der Zeit, über die Fortsetzung dieser Hinrichtungsmethode ernsthaft nachzudenken. Er sagt: Die unsäglichen Pannen in diesem Jahr hätten bewiesen, dass es offenbar nicht möglich sei, „tödliche Injektionen, ohne das Risiko von Pfusch durchzuführen“. Und weiter: „Die Familien der Opfer und Gefangenen, andere Hinrichtungszeugen und das Vollzugspersonal sollten nicht dem Trauma einer missglückten Hinrichtung ausgesetzt werden.“

Die Hinrichtung von Alan Miller musste abgebrochen werden, weil keine Vene gefunden wurde

Dreistündiges Ringen um das Anlegen einer Infusionsleitung – blutiges Chaos bei der Hinrichtung

In Alabama wurden heuer drei Hinrichtungen in Folge verpfuscht, beginnend mit der Hinrichtung von Joe Nathan James im Juli, bei der ein dreistündiges Ringen um das Anlegen einer Infusionsleitung stattfand. Die beiden folgenden Hinrichtungen – von Alan Miller und Kenneth Smith – wurden abgebrochen, weil das Hinrichtungsteam keine Vene finden konnte. In Arizona endete die Hinrichtung von Clarence Dixon im Mai in einem blutigen Chaos – die Henker versuchten 25 Minuten lang vergeblich, eine Infusion zu legen, sie griffen schließlich auf einen nicht genehmigten “Cutdown” zurück, bei dem sie in seine Leiste schnitten, um eine Vene zu erreichen.

Ein Monat später spielten sich bei der Hinrichtung des Gefangenen Frank Atwood in Arizona surreale Szenen ab. Atwood gab dem Injektionsteam Ratschläge, wie es eine geeignete Vene in seinem Körper finden könne, um ihn zu töten.

Frank Atwood gab dem Hinrichtungsteam Ratschläge, wie es eine geeignete Vene finden könne

Gefahr, dass unschuldige Häftlinge in den Tod geschickt werden, ist groß

Obwohl die Todesstrafe in 27 US-Bundesstaaten legal ist, haben heuer “nur” in sechs Staaten – Alabama, Arizona, Oklahoma, Mississippi, Missouri und Texas – Hinrichtungen stattgefunden.

Zwar werden in den USA weniger Hinrichtungen vollstreckt, die systembedingten Probleme der Todesstrafe traten trotzdem auch im Jahr 2022 deutlich zutage. So wurden zwei zum Tode Verurteilte in diesem Jahr entlastet – Samuel Randolph in Pennsylvania und Marilyn Mulero in Illinois. Das verdeutlicht die Gefahr, dass unschuldige Männer und Frauen in den Tod geschickt werden. Nach Angaben von DPIC ist damit die Zahl der entlasteten Todeskandidaten seit 1973 auf 190 gestiegen.

Noch nie in der US-amerikanischen Geschichte sind so viele Hinrichtungen in so kurzer Zeit schief gegangen wie heuer.

Albert Einstein soll einmal gesagt haben, dass die Definition von Wahnsinn darin besteht, “immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten”. Nach diesem Maßstab ist die fortgesetzte Anwendung der tödlichen Injektion schlichtweg wahnsinnig.

Eine Hinrichtung ist verpfuscht, wenn sie nicht dem Standardverfahren oder den geltenden Vorschriften für die Hinrichtung von Menschen entspricht. Und verpfuschte Hinrichtungen sind in den USA nichts Neues.

Von 1890 bis 2010 wurden drei Prozent aller amerikanischen Hinrichtungen verpfuscht – nicht wenig!

Sollte die Todesstrafe in den USA Ihrer Meinung nach aufgehoben werden?