„Grün zu wählen ist das neue Beichten“, konstatiert Nena Schink in ihrem eben erschienenem Buch. „Und zur Fridays-for-Future-Demo zu gehen ersetzt den sonntäglichen Gottesdienst. Wenn man sich auf diese Seite schlägt, ist einem die moralische Absolution gewiss. Man ist im Recht, man rettet die Welt.“

Kein Problem mit „alten weißen Männern“

Doch genau mit diesem „Moralpopulismus“ rechnet die junge Wirtschaftsjournalistin und Bestseller-Autorin gnadenlos ab. „Ich bin nicht grün: Ein Plädoyer für die Freiheit“ heißt ihr neues Buch, das sie ihrem großen Vorbild – ihrer Urgroßmutter – gewidmet hat. Am 27. Juli ist das Buch erschienen und bereits auf Platz eins aller Bücher bei Amazon. Offensichtlich hat die junge Erfolgsautorin mal wieder den Nerv getroffen.

Nena Schink, 1992 in Düsseldorf geboren, stört vor allem eines: Es muss ein Ende haben, dass „jung, weiblich, gebildet, urban, Journalistin“ mit „grün“ gleichgesetzt wird. Begriffe wie „alte weiße Männer“ gehen ihr besonders auf die Nerven. Schließlich hat sie gerade von männlichen Interviewpartnern, die über 60 sind, am meisten gelernt.

Glaube statt Fakten

Kapitel für Kapitel rechnet Schink mit grüner Politik ab – und warnt vor Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock und vor Grün-Rot-Rot. Ihr Grundanliegen ist dabei die Freiheit, die durch grünen „Moralpopulismus“ gefährdet werde: „Ein rationaler Bürger möchte Gründe erfahren, wenn es um neue Verbote und Verhaltensregeln geht“, schreibt Schink. Doch nun zählen halt nicht mehr die Fakten, sondern der Glaube. Sobald man das Kosten-Nutzen-Verhältnis zahlreicher grüner Verbote hinterfragt, kontern die Grünen – gesandt mit dem göttlichen Auftrag zur Rettung der Welt: „Willst du, dass die Eisbären sterben?“, „Willst du etwa nicht unsere Umwelt retten?“, „Bist du einer dieser Klimaleugner?“

Damit kann Nena Schink nichts anfangen – auch aus Vernunftgründen: „Böse Zungen würden behaupten, dass absolute Moral nichts anderes als Denkfaulheit ist. Hast du keine Argumente oder keine Lust, weitere zu suchen, erkläre jede Debatte einfach für beendet, bevor sie beginnt.“ Dass die Grünen dann mitunter Wasser predigen, und Wein trinken, kreidet ihnen die Erfolgsautorin zusätzlich an. Ob bei der Wahl des Fahrzeugs oder beim Mülltrennen: Sämtliche Studien belegen, dass gerade die Grünen und ihre Wähler in der Praxis besonders gerne das Gegenteil von dem tun, was sie zuvor verordnen. Sie sind hier in der Praxis viel größere „Sünder“, als die Wähler der anderen Parteien.

Die Freiheit gegen den Regelungswahn verteidigen

Das Buch warnt auch vor grüner Planwirtschaft – „Klingt wie Sozialismus at its best, nicht wahr?“, meint Nena Schink bei zu einigen Punkten grüner Politik. Offen räumt Schink ein: Manches mache ihr Angst. Etwa dass man die Erfolglosigkeit des Sozialismus komplett vergessen hat, ob in wirtschaftlicher, humanitärer – übrigens auch umweltpolitischer Hinsicht. Hier spricht Nena Schink aus, woran sie glaubt: „Ich glaube an die Selbstbestimmtheit der Menschen. Jeder soll frei entscheiden dürfen, was er tut und welche Produkte er kauft. Es soll auch jeder über die Freiheit verfügen, seine Waren so anzubieten, wie er es für richtig hält. Die Menschen regeln die milliardenfachen Transaktionen einfach viel besser, als Politiker von zentraler Stelle aus dazu in der Lage wären.“

Das Buch belässt es nicht bei negativer Abgrenzung. Das Wort „konservativ“ wird darin auch wieder mit Leben erfüllt. „Wenn man heutzutage jemanden so richtig beleidigen will, scheint ‚konservativ‘ zumindest für Teile der Bevölkerung ein gängiges Schimpfwort zu sein“, konstatiert Schink. „Die gängige Meinung lautet: konservativ zu sein ist nicht hip, nicht am Puls der Zeit.“

„Konservativ ist das Gegenteil von rechtsextrem“

Sie widerspricht: „Für mich ist jedoch das ENTSCHEIDENDE Kriterium, warum konservativ nicht länger als politisches Schreckgespenst oder gar Schimpfwort missbraucht werden sollte: Konservativ ist das Gegenteil von rechtsextrem. Wer wahrhaftig konservativ ist, kann NIEMALS ein Rechter im Sinne eines Populisten oder Extremisten sein.“ Es sei eine gefährliche Entwicklung, konservativ vorschnell mit rechts gleichzusetzen.

Bei der Frage, worum es den Konservativen denn gehe, wird Nena Schink schließlich noch konkreter. Sie stützt sich auf den verstorbenen US-Politikwissenschaftler und Pate des Neokonservativmus Irving Kristol, der einen Neokonservativen einst als Liberalen definierte, der von der Realität überfallen wurd. Abgesehen von diesem Bonmot nannte er drei Charakteristika eines Konservativen: Verteidigung des Kapitalismus – „weil er die größtmögliche persönliche Freiheit erlaubt“ – , sowie Befürwortung der Deregulierung – weil sie Wachstum fördert und damit den Wohlstand auch für die unteren Schichten ermöglicht – und drittens Kampf gegen den Kommunismus – „als Negierung von Freiheit und Wohlstand“.

Nena Schink ist Wirtschaftsjournalistin, Kolumnistin und bereits zweifache Spiegel-Bestsellerautorin. Sie studierte European Studies an der Universität Maastricht und absolvierte die Georg-von-Holtzbrinck-Journalistenschule für Wirtschaftsjournalisten. Sie ist Wirtschaftsreporterin und Moderatorin bei der deutschen Bild-Zeitung und schreibt seit April 2021 eine Kolumne für die Cosmopolitan. Bereits ihr erstes Buch „Unfollow“ löste eine heftige Instagram-Debatte aus.