Es ist eine starke Ansage, in einer Zeit, in der Rufe nach dem Frieden immer lauter werden. Die Menschen sind des Kriegs ebenso überdrüssig wie der damit verbundenen Sanktionspolitik. Ein deutscher Top-Diplomat, der ehemalige deutsche Botschafter in den USA, Wolfgang Ischinger (76) geht in eine ganz andere Richtung. Noch niemand hat es so deutlich gesagt, dass Deutschland den Krieg in der Ukraine als Wirtschaftsfaktor braucht. Gegenüber der „Bild“ betonte er, wie sehr Deutschland die „Kriegswirtschaft“ braucht und sagte im Interview: „Der Bedarf an Gerät und Munition für die Bundeswehr und für die Ukraine ist dringlich und riesengroß. Deshalb müssen wir entsprechende Prioritäten setzen.“

Verteidigungspolitik mit schweren Vorwürfen konfrontiert

Er wirft der Verteidigungspolitik schwere Versäumnisse vor und bemängelt, dass aus den 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr, bisher so gut wie keine Mittel abgeflossen sind. Seiner Meinung nach liegt das an den Haushaltsquerelen, am bürokratischen Vergaberecht und auch an der Angst vor der Kritik des Rechnungshofes. Wenn es nach Ischingers Wünschen geht, müssten auf höchster politischer Ebene andere Entscheidungen getroffen werden, denn die Rüstungsindustrie sei in der Lage, die Bundeswehr schnell mit den notwendigen Militärgeräten zu versorgen.

Wolfgang Ischinger, ehemaliger Leiter der Münchner SicherheitskonferenzAPA

Ehemaliger deutscher Botschafter der USA wünscht sich noch mehr militärische Hilfe für Ukraine

Zum Krieg in der Urkaine hat er eine ganz eigene Meinung. Friedensgespräche passen nicht in Ischingers Weltbild. Das Gegenteil ist der Fall, denn er meint: „Offenbar haben allzu viele noch nicht begriffen, dass wir erst am Anfang der Zeitenwende stehen, und dass es tatsächlich richtigen Krieg mitten in Europa gibt, dessen Ende leider nicht absehbar ist.“ Ischingers Linie ist klar. Mit seiner Forderung unterstreicht er seine Einstellung zum Krieg. Seines Erachtens müsse Deutschland der Ukraine mit allen Mitteln, natürlich auch mit militärischen, zur Seite stehen, um sicherheitspolitische Unsicherheiten zu vermeiden.