Von den anwesenden EU-Abgeordneten votierten am Mittwoch in Straßburg 328 für die von der EU-Kommission vorgelegten sogenannten Taxonomie, 278 dagegen und 33 enthielten sich. Damit dürfte die Regelung mit Anfang 2023 inkrafttreten. Österreich hatte in diesem Fall bereits im Vorfeld eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) angekündigt.

Brisant: Die einstigen größten politischen Gegner der Kernenergie, haben diese nun wieder salonfähig gemacht. Der langsame Ausbau alternativer Energieformen hat einer in Europa auf dem Rückzug befindlichen Technologie neues Leben eingehaucht.

Weg zur Klimaneutralität soll geebnet sein

Das Ergebnis der Abstimmung galt als offen. Die Mehrheit der Grünen, Sozialdemokraten und der Linksfraktion gab an, dagegen stimmen zu wollen. Die konservative EVP war gespalten. Österreichs EU-Abgeordnete kündigten parteiübergreifend ihren Widerstand gegen die Taxonomie an.

Mit der Taxonomie will die EU-Kommission festlegen, welche Finanzinvestitionen künftig als klimafreundlich gelten. Das soll dabei helfen, die für die Klimawende benötigten Milliarden zu mobilisieren und den Weg der EU zur Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 zu ebnen.

Neos: "Milliarden in Putins Kriegskasse"

NEOS-Europaabgeordnete Claudia Gamon reagiert mit großer Enttäuschung auf die heutige Abstimmung im EU-Parlament zur EU-Taxonomie: „Dieser Etikettenschwindel bedroht nicht nur unsere Energiewende, sondern spült auch Milliarden in Putins Kriegskasse.“

Um die Umsetzung des Kommissionsvorschlags zur Taxonomie zu verhindern, wären heute die Stimmen von mindestens 353 Abgeordneten nötig gewesen. Aber „eine unheilige Allianz aus Befürwortern von fossilem Gas und Atomkraft hat sich durchgesetzt“, so Gamon. „Mit diesem Ergebnis wird das Regelwerk für nachhaltiges Investieren völlig unbrauchbar. Was als wissenschaftsbasierte Referenz gedacht war, um die Finanzierungslücke für den Kampf gegen den Klimawandel zu schließen, wurde durch ein unwürdiges Politschauspiel zu einem Murks.“

Jahrelang galt sie als verpönt - nun feiert die Atomkraft ihr (grünes) Comeback

FPÖ ortet: "Etikettenschwindel"

Da der Green Deal der Kommission nicht nur den Wohlstand der Bürger, sondern auch große Teile der herkömmlichen Energiegewinnung vernichten wird, will man mit der Taxonomie nukleare Alternativen vorantreiben“, erklärte heute Georg Mayer, freiheitlicher Abgeordneter im Europaparlament.

Das EU-Parlament hat heute einen Einwand in Form eines Entschließungsantrags gegen die Pläne der von-der-Leyen Kommission zur Abstimmung gebracht. Auf Ausschussebene war dieser Antrag zur Ablehnung der Einstufung von Kernkraft als grünes und nachhaltiges Investment – wenn auch knapp – überraschenderweise angenommen worden.

„Der Etikettenschwindel rund um die Einstufung von Kernkraft verdeutlicht den Irrweg, den die Kommission hier eingeschlagen hat. Zur Finanzierung von Kernkraft durch private Investitionen scheut man nicht davor zurück, den dahinterstehenden Bürger ungeniert ins Gesicht zu lügen“, so der steirische Abgeordnete, der sich im Rahmen seiner Tätigkeit für den Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie seit rund zwei Jahren mit dem Thema der Taxonomie beschäftigt.

Die EU-Staaten könnten bis zum 11. Juli den Vorschlag der EU-Kommission noch blockieren. Dafür müssten sich mindestens 20 EU-Staaten zusammenschließen, die mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU vertreten. Das gilt jedoch wegen des Interesses von vielen Staaten an der Nutzung von Kernkraft als unwahrscheinlich.

Insbesondere Frankreich galt als treibende Kraft hinter der “grünen” Atomkraft. Rund 70 Prozent des Stroms stammt in Frankreich aus nuklearer Energie. Gas wird zudem von einigen EU-Ländern wie Polen als das kleinere Übel im Vergleich zu der noch klimaschädlicheren Kohle angesehen.