Am Ende wurde es der Medizinerin zu viel. In einem in ihrer Praxis eingerichteten Panikraum beendete sie ihr Leben. Nach dem Suizid gibt es nun eine heiße Spur. Die Münchner Staatsanwaltschaft bestätigt, dass es ein Ermittlungsverfahren gegen eine männliche Person aus Oberbayern geben würde. Dieser Mann (36) soll im Verdacht stehen, die Ärztin in Mails bedroht zu haben.

Kellermayr sah Potential nicht erkannt

Weiters hat die Staatsanwaltschaft Wels auch bei ihren Kollegen in Berlin einen Tatverdächtigen angezeigt. Für Dr. Kellermayr kommt aber zu spät Bewegung in die Ermittlungen. Noch im Jänner warnte sie im deutschen TV: „Das Gewaltpotenzial wird nicht ausreichend erkannt … Das ist nicht nur ein bisschen Shitstorm.“

Bundespräsident Alexander Van der Bellen legte Blumen vor der Ordination ab - und sorgte mit dem Bild für eine heftige Debatte

Hackerin "Nella" rechnet mit Behörden ab

Eine Hackerin erkannte das Potential und begann selbst zu forschen. Im “WDR” geht die Frau, die sich “Nella” nennt mit den Behörden hart ins Gericht. „Es war schlimm mit anzusehen, wie verzweifelt sie war. Niemand hat sie für voll genommen“. Kellermayr hatte die Hackerin kontaktiert, die Opfer von Hate Speech unterstützt. Innerhalb von ein paar Stunden habe sie laut “Focus” herausgefunden, dass eine rechtsextreme Gruppierung hinter einem Großteil der Drohungen stand.

Sie habe daraufhin der Polizei ihre Hilfe und Informationen angeboten, die das ablehnten. „Die Polizei hat vieles verdreht“, sagte „Nella“. So hätten Polizei und Staatsanwaltschaft öffentlich erklärt, dass Ermittlungen im Darknet nicht möglich seien. Dabei hatte „Nella“ die Drohgruppe anhand einer Open-Source-Recherche gefunden. Doch die Polizei wollte diesen Informationen nicht nachgehen.

In ganz Österreich gedachten zahlreiche Veranstaltungen der toten Ärztin. In Wien versammelten sich Tausende zu einem stillen Lichtermeer.

Hemmschwelle sinkt

Der Präsident der deutschen Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, meinte in der “Welt”, der Tod der Ärztin führe “drastisch vor Augen, wohin die Verrohung des gesellschaftlichen Klimas führen kann”. Auch in Deutschland sinke die Hemmschwelle. Ärztinnen und Ärzte erhielten Drohbriefe, würden verbal und körperlich angegriffen.

“Die Polizei muss angesichts der besorgniserregenden Zunahme digitaler Straftaten zügig handeln”, forderte Jörg Radek, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, in der Zeitung. Es fehle aber an entsprechenden Ressourcen, personell wie bei der Ausstattung.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken rief die Menschen dazu auf, Opfern von psychischer Gewalt beizustehen. Gerade Frauen seien häufig betroffen, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). “Im Kampf gegen diese Form der Gewalt müssen wir noch durchsetzungsfähiger werden.”