Ein neues spannendes Feld für Juristen: Handeln aufgebrachte Autofahrer, die durch festgeklebte Klima-Chaoten behindert werden, in Notwehr, wenn sie die Aktivisten der “Letzten Generation” eigenhändig von der Fahrbahn zerren oder sogar Schläge und Tritte austeilen?

Grundsätzlich ist es natürlich verboten, Gewalt gegen die Klima-Kleber anzuwenden. Es sei denn, es liegt ein Rechtfertigungsgrund vor. Die Notwehr ist solch ein Rechtfertigungsgrund: Denn wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt trotz eigentlich strafbarer Handlung nicht rechtswidrig.

Definiert wird die Notwehr als Verteidigung, die notwendig ist, um einen rechtswidrigen Angriff gegen sich oder andere abzuwehren. Da die ersten Klima-Aktivisten – zumindest vor deutschen Gerichten – schon wegen Nötigung von Autofahrern belangt wurden, könnte die Blockade als rechtswidriger Angriff gewertet werden. Eine Notwehrlage wäre demnach theoretisch gegeben, der Wut-Autofahrer könnte glimpflich davon kommen.

Rechtsprofessor rät von Gewalt gegen Klima-Chaoten ab

Doch Vorsicht, der Teufel steckt auch hier im Detail. Denn: Die Notwehrhandlung muss auch immer erforderlich sein, es darf kein milderes Mittel geben, um die Klima-Aktivisten zur Räson zu zwingen. Das ist jedoch der Fall, wenn wie in den meisten Fällen die Polizei vor Ort oder auch nur in der Nähe ist.

“Die Notwehr privater Bürger steht nicht gleichberechtigt neben dem Eingreifen der Polizei”, sagte der Rechtsprofessor Michael Kubiciel von der Uni Augsburg gegenüber “tagesschau.de”. Das heißt konkret: Das Notwehrrecht der Autofahrer tritt zurück, wenn die Exekutive in der Nähe ist.

Und schon gar nicht funktioniert die Notwehr, wenn sie nicht vom sogenannten subjektiven Notwehrwillen getragen ist. Reine Wut auf die Klima-Chaoten reicht jedenfalls nicht aus.

Fazit von Rechtsprofessor Kubiciel: “Generell ist davon abzuraten, gewalttätig gegen Klimakleber vorzugehen.” Straffreiheit gibt es wohl nur bei extremen Sonderfällen.

Ein Lkw-Fahrer tritt auf einen Klima-Aktivisten ein.