Lori Lightfoot war 2019 als erste Afroamerikanerin und erste offen homosexuelle Frau zur Bürgermeisterin von Chicago gewählt worden. Sie versteht sich als Kämpferin gegen Rassismus und für Inklusion. Dafür greift sie zu, na ja, ungewöhnlichen Mitteln. Sie weigert sich, weißen Journalisten zumindest für eine gewisse Zeit Interviews zu geben. Der Grund für diese Entscheidung: Ihrer Meinung nach sind zu viele weiße Männer in diesem Beruf tätig. Ist das Rassismus?

Bei der Beantwortung der Frage hilft die goldene Regel, wie der deutsche Historiker, Autor und Kolumnist Rainer Zitelmann klar macht: “Man stelle sich vor, ein weißer Bürgermeister würde erklären, dass er schwarzen Journalisten kein Interview gibt. Natürlich ist es Rassismus, wenn ich mit anderen Menschen nur wegen der Hautfarbe nicht spreche.”

Ohne jeden Zweifel wäre es rassistisch – und sexistisch –, wenn sich ein weißer Bürgermeister weigern würde, nicht-weißen Journalistinnen Interviews zu geben. Daran sieht man doch, wo solche Identitätspolitik letztlich hinführt. Da ist es viel schöner, in einer Gesellschaft zu leben, wo jegliche Diskriminierungen von vornherein ausgeschlossen werden, aus Prinzip.

Eine weitere Frage wäre, wie sich die Maßnahme der Bürgermeisterin mit der Pressefreiheit verträgt. In freien Ländern entscheiden nämlich die Medien, wer die Politiker interviewt, und die Menschen, welche Medien sie lesen. In Diktaturen ist es umgekehrt: Die Diktatoren bestimmen beides – wer sie interviewt und welche Medien gelesen werden.

Man sieht auch hier: Zu dem, wofür die USA als Mutterland der Menschenrechte und der Pressefreiheit jahrhundertelang gestanden sind, passt diese Identitätspolitik eigentlich nicht so recht…