Nach den sexuellen Übergriffen auf neun junge Frauen am Mailänder Domplatz ermitteln die italienischen Behörden mittlerweile gegen 18 Männer mit nordafrikanischem Migrationshintergrund. Die Männer sind zwischen 15 und 21 Jahre alt. Der Ablauf der Übergriffe war fast ident mit jenen in der Kölner Silvesternacht 2015/16. Damals wurden 648 junge Frauen, die mit Freunden oder ihrer Familie am Domplatz das neue Jahr begrüßen wollten, Opfer von Übergriffen. Es kam zu fünf vollendeten und 15 versuchten Vergewaltigungen. Die Mehrzahl der betroffenen Frauen wurden Opfer von sexueller Belästigung und Nötigung, teilweise wurden sie auch beraubt.

Die Mädchen wurden von zahlreichen Männer gegen die Absperrung gedrückt.

Männer schirmten Mädchen von Begleitern und Polizei ab

Die betroffenen Mädchen in Mailand berichteten – ähnlich wie jene in der Kölner Silvesternacht – von Einkreisungen durch Männergruppen. Zahlreiche Hände hätten sie überall am Körper angefasst, ihnen die Kleidung vom Leib gezogen und an ihnen gezerrt. Es habe für sie keine Möglichkeit des Ausbrechens oder der Flucht gegeben, ihnen sei der Mund zugehalten worden. Die Männer hätten systematisch gehandelt und die Frauen so abgeschirmt, dass weder Angehörige noch Polizeibehörden an sie herankommen konnten.

Belästigung hat in nordafrikanischen Ländern Tradition

Diese Art der Gruppenbelästigung hat in Nordafrika sogar einen Namen: „Taharrusch dschama’i“, übersetzt „gemeinschaftliche Belästigung.“ Dabei sammeln sich Männer um eine Frau, schirmen sie von der Außenwelt ab und bedrängen, belästigen oder vergewaltigen sie. Aufgrund dieser Vorfälle sieht man in Ländern wie Ägypten oder Algerien kaum junge Frauen alleine auf den Straßen – und wenn, dann nur verhüllt und die Gassen entlang hastend. Auch auf Versammlungen sucht man vergeblich nach ihnen. Auch deswegen sind mittlerweile 99 Prozent der Ägypterinnen verhüllt – das gewährt ihnen in einen gewissen “Vergewaltigungs-Schutz.”

Der Islam spielt in Ägypten wieder eine sehr große Rolle – darunter leiden die Frauenrechte.APA/AFP/MOHAMED EL-SHAHED

Täter-Opfer-Umkehr in der Urteilssprechung

Im Nachbarland Algereien urteilten Gerichte in jüngster Vergangenheit sehr mild über Täter, die junge Frauen und Mädchen vergewaltigt hatten, die alleine unterwegs oder nicht verhüllt gewesen waren. Oft gibt die Rechtsprechung den Mädchen und Frauen sogar eine Mitschuld. Nach einer Vergewaltigung gilt die Frau in den islamischen Ländern meist als unrein und bringt Schande über ihre Familie. Oft muss sie ihr Elternhaus verlassen und im Frauenhaus leben.

Britische Journalistin bei Feierlichkeiten in Kairo massiv bedrängt

Auch die britische Journalistin Natasha Smith fiel der Massenbelästigung 2012 zum OpferYoutube

Die Welt hatte bereits 2012 über eine britische Journalistin berichtet, die am Tahir-Platz in Kairo bei den Feierlichkeiten der Präsidentschaftswahl schwer belästigt worden war. “An dem betreffenden Abend sei sie in Begleitung zweier männlicher Freunde in der jubelnden Menge auf dem Tahrir-Platz gewesen und habe die Freude der Menschen zunächst genossen. Plötzlich sei jedoch die Stimmung gekippt. Man habe sie von ihren Begleitern getrennt, sie sei von Hunderten Männern weggezogen worden. Man habe ihr Kamera und Rucksack geraubt, und die Menge habe ihr die Kleider vom Körper gerissen. Die Attacke beschreibt sie so: Sie “zerkratzten und pressten meine Brüste und drückten ihre Finger in mich”.

Fall einer amerikanischen Journalistin sorgte für Aufsehen

Ein Fall, der in den USA für Aufsehen sorgte, war jener der Journalistin Lara Logan. Sie war ebenfalls mit ihrem Kamerateam am Tahir-Platz in Kairo gewesen und hatte dort über den Sturz des ägyptischen Präsidenten Husky Mubarak berichtet. Die Journalistin, ihr Team und mehrere Sicherheitsleute seien plötzlich von einer Gruppe von mehr als 200 Männern umringt worden, erklärte der Sender. Logan sei von ihren Mitarbeitern getrennt, brutal verprügelt und sexuell genötigt worden. Gerettet wurde sie den Angaben zufolge von mehreren Frauen und schätzungsweise 20 ägyptischen Soldaten. Sie wurde schwer verletzt, hatte über hundert Wunden und Stichverletzungen am ganzen Körper. Dem amerikanischen Sender CBS gab sie ihr einziges, mitreißendes Interview zu den Ereignissen.