Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Ende Jänner zahlreiche Politiker und Top-Beamte entlassen. Einige von ihnen sind in schlicht unfassbare Korruptionsskandale verwickelt, wie sich nun zeigt. Für ein besonders lautes Rauschen im ukrainischen Blätterwald sorgte der Fall von Valentyn Reznichenko. Der Gouverneur der Oblast Dnipropetrowsk im mittleren Osten des Landes wurde gemeinsam mit vier anderen Gouverneuren von Selenskyjs Ministerkabinett gefeuert.

So ist zuvor aufgeflogen, dass Reznichenko seiner Fitnesstrainerin Yana Chlana zu Straßenbau-Aufträgen verholfen haben soll – und zwar zu außergewöhnlich lukrativen.

Reznichenko bei Präsident Selenskyj während der Pandemie: Zumindest an die Corona-Vorschriften haben sie sich vor der Kamera gehalten.

Chlana in Unternehmen beteiligt, das sicher zahlreicher Staatsaufträge erfreut

Welche Qualifikation die Bekannte des Gouverneurs für diesen Job mitbrachte, ist unklar. Dass Fitnesstrainer Straßen renovieren, ist ja doch eher ungewöhnlich. Noch erstaunlicher ist allerdings die Summe, die Yana Chlana für diese Aufgabe erhalten hat: 40 Millionen US-Dollar. Den entsprechenden Vertrag hat die Regionalverwaltung von Dnipro, das administrative Zentrum der Oblast Dnipropetrowsk, unterzeichnet.

Reznichenko und Chlana sind einander auch ansonsten freundschaftlich verbunden. So sind sie etwa bereits gemeinsam ins Ausland gereist. Die Fitnesstrainerin fährt auch ein Auto, das auf eine mit dem Gouverneur verbundene Firma zugelassen ist. Darüber hinaus ist Yana Chlanta an dem Unternehmen beteiligt, das sich enormer Aufträge von der Regionalverwaltung und der staatlichen Straßenbaubehörde erfreut.

Selenskyj mit Reznichenko im Hintergrund: Der Gouverneur der Oblast Dnipropetrowsk ist Reznichenko nicht länger. Ein Verfahren gegen ihn läuft zurzeit aber nicht.

Die Behörden ermitteln, Reznichenko ist zurzeit nicht Verdächtiger

Vorangegangen waren der Enthüllung Recherchen der Nachrichtenagentur „Ukrainska Pravda“. Journalisten untersuchten Chlantas enge Beziehung zu Reznichenko. Auf einen Bericht der „Ukrainska Pravda“ im November folgte zwar keine öffentliche Reaktion der Behörden, allerdings leitete das Nationale Antikorruptionsbüro (NABU) eine Untersuchung ein – wegen des Verdachts auf Korruption, Machtmissbrauch und Geldwäsche.

Reznichenko selbst ist zurzeit weder Verdächtiger oder Angeklagter in dem Strafverfahren.

Selenskyjs enger Mitarbeiter fuhr in teurem E-Auto – trotz Stromausfällen

Selenskyjs Ministerkabinett hat darüber hinaus den stellvertretenden Sozialminister, die beiden stellvertretenden Minister für Gebiete und Gemeinden, sowie vier stellvertretende Leiter des staatlichen Dienstes für See- und Flussschifffahrt entlassen. Nach einer ganzen Reihe von Skandalen musste auch der stellvertretende Leiter des Präsidialamtes, Kyrylo Tymoschenko, zurücktreten – der eXXpress berichtete.

Der enge Mitarbeiter und Freund von Wolodymyr Selenskyj wurde in dem 120.000 Euro teuren E-Porsche Taycan 4S fotografiert. In Kiew ist so ein E-Wagen eher selten zu sehen, vor allem angesichts der zahlreichen Stromausfälle. Die Überwachungskamera vor einem bekannten Oligarchen-Viertel außerhalb Kiews knipste Selenskyjs Freund dennoch mehrmals am Steuer des Porsche. Trotz wiederholter russischer Luftschläge auf die Energieversorgung war offenbar genug Strom für das Aufladen der Porsche-Akkus vorhanden. Die Polizei leitete umgehend Ermittlungen ein – gegen die Aufdecker-Medien.

Ob der ukrainische Präsident mit den jüngsten Regierungsumstellungen tatsächlich die Korruption in den Griff bekommen möchte, bezweifeln einige Medien. So wurde Anfang Februar auch Olexeij Resnikow (56) seines Amtes enthoben. Dabei liegen bisher keine Beweise für dessen Beteiligung an weiteren Bestechungs-Krimi vor. Angeblich soll der Jurist auf einen anderen, weniger bedeutenden Ministerjob wechseln müssen. Sollte die „Festung“ Bakhmut tatsächlich geräumt werden müssen, hätte Selenskyj kurz vor der russischen Großoffensive einen Sündenbock.