Hart ins Gericht mit der deutschen Regierung geht der Ex-Nato-General Hans-Lothar Domröse. Er rechnet mit einer brutalen Offensive Putins, die vor allem die Republiken Donezk und Luhansk treffen soll. Gerade jetzt bräuchte die Ukraine dringend Panzer von Berlin. Eine Nicht-Lieferung sei angesichts der bevorstehenden Offensive Russlands fatal.

"Wenn man das will, dann geht es"

“Wo ist das Feuer? In Berlin oder in Kiew?”, fragt der Ex-General auf SpiegelTV rhetorisch. “Das Feuer muss vorne gelöscht werden. Wenn wir sagen, wir können das nicht, dann ist das doch schon fast zynisch.” Deutschland solle der Ukraine seine Schützenpanzer zuschicken.

Wenn die ukrainischen Soldaten alte Sowjet-Fahrzeuge bedienen könnten, dann seien auch neuere Panzer aus Deutschland kein Problem. “Das ist wie Opel oder Golf.” Deshalb solle Berlin endlich aufhören zu zaudern: “Nicht liefern finde ich zynisch, in dieser Situation.” Von den offiziellen Begründungen hält er nichts: “Wenn man das will, dann geht es.”

Der deutsche Ex-Nato-General Hans-Lothar DomröseAFP PHOTO/ PIERRE-PHILIPPE MARCOU

Bald dürfte sich der Krieg in der Ukraine zuspitzen. Putin werde zum einen versuchen, von Donezk aus die Küste zur Krim zu verbinden. Andererseits könnte er von Donezk aus vorstoßen auf die Stadt Dnipro und auf Charkiw, die zweitgrößte Stadt der Ukraine. So entstehe ein Dreieck. Das sei vermutlich Putins Ziel bis zum 8. Mai.

Ukrainische Armee vor schweren Wochen

Damit verlagere sich die Schlacht aufs freie Feld. “Für die Ukraine geht es nicht darum, die Russen zu besiegen, sondern so viel Land und Leute zu verteidigen wie möglich.” Dafür bräuchten sie nun gepanzerte Fahrzeuge. Es gelte schnell zu sein und sich sicher auf dem Feld zu bewegen. “Am schlimmsten wäre es, wenn die ukrainische Armee eingeschlossen wird. Dann wäre sie geschlagen.”

November 2015 in Spanien, auf dem Truppenübungsplatz San Gregorio in der Nähe von Saragossa: NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg (4.v.l.) spricht mit General Hans-Lothar Domroese (3.v.l.)APA/AFP PHOTO/ PIERRE-PHILIPPE MARCOU

Unerfreulich: Alexander Dwornikow, der “Schlächter von Syrien”, ist der neue Oberbefehlshaber für den Ukraine-Krieg. Er werde vermutlich versuchen, die Luft-, Land-, Cyber- und Seestreitkräfte zu koordinieren, vermutet Hans-Lothar Domröse. “Dann stehen grausame Wochen bevor”. Der Ex-Nato-General verweist auf das, was in den beiden Städten Grosny in Tschetschenien und Aleppo in Syrien geschehen ist, die mehr oder weniger dem Erdboden gleich gemacht wurden. “Die Russen walzen sich da durch, egal was es kostet.”

Putin wird voraussichtliche keine Ruhe geben

Die ukrainische Armee müsse schnell sein und gleichzeitig die Bevölkerung über Korridore retten. “Das ist eine Mammutaufgabe.”

Selbst wenn Putin sein Ziel im Osten erreichen sollte, werde er danach nicht Ruhe geben. Immerhin will der russische Präsident ja, dass die Nato ihre Truppen hinter die Grenzen von 1997 zurückzieht.