EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und zehn weitere EU-Kommissare werden Anfang Februar zu Gesprächen in Kiew erwartet. “Dieser Besuch ist nicht nur ein wichtiges Signal zur weiteren Unterstützung der Ukraine im Krieg (gegen Russland), sondern zeigt auch, dass die EU dem Verhandlungsprozess über den Beitritt der Ukraine offen gegenübersteht”, sagte Regierungschef Schmyhal. Und: “Wir rechnen damit, dass wir den Verhandlungsweg über den Beitritt zur EU in weniger als zwei Jahren abschließen.” Bis dahin sei aber “kolossal” viel Arbeit zu erledigen.

An dem für den 3. Februar geplanten Treffen werden für die EU nicht die Staats- und Regierungschefs nicht teilnehmen, EU-Ratspräsident Charles Michel ebenfalls dabei sein.

25. Oktober 2022: Ursula von der Leyen, Denys Schmyhal, Ministerpräsident der Ukraine, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach der Eröffnung dender Internationalen Expertenkonferenz zum Wiederaufbau der Ukraine .APA/Deutsche Presse-Agentur GmbH/Christophe Gateau

Ukraine erhielt bereits im Rekord-Tempo den Kandidatenstatus

Die EU hatte die Ukraine im Juni zusammen mit Moldau zum EU-Beitrittskandidaten erklärt. Bisher hat der Beitrittsprozess eines Landes aber viele Jahre gedauert. Mehr noch: Selbst das Tempo, mit dem die Ukraine den Status eines Beitrittskandidaten erhalten hat, ist schlicht beispiellos. Andere Staaten, wie etwa Bosnien und Herzegowina mussten viele Jahre darauf warten – um ihn erst heuer zu bekommen, nach der Ukraine, wohlgemerkt!

Noch im Juni 2022, nachdem die Ukraine den Beitrittsstatuts erhalten hat, schwächte Bundeskanzler Karl Nehammer die Erwartungen ab. “Kandidatenstatus heißt noch nicht Beitrittsverhandlungen”, meinte er. Österreich war auf der Bremse gestanden, weil das Tempo, in dem der Ukraine der Beitrittsprozess zur EU eröffnet wurde, sämtliche Balkanländer vor den Kopf gestoßen haben, die seit vielen Jahren darauf warten, Beitrittskandidat zu werden.

Bisher scheiterte die Annäherung an Brüssel an der Korruption im Land

Was ebenfalls zu denken gibt: Seit mehr als 20 Jahren pumpt die EU-Kommission Milliarden in die Ukraine. Eine Annäherung an Brüssel scheiterte bisher aber immer an der grassierenden Korruption im Land. Das kritisierte offen der europäische Rechnungshof am 23. September 2021 – also noch vor etwas mehr als einem Jahr: Es profitierten primär Oligarchen und staatsnahe Lobbys, konstatierten die Prüfer.

Der Bericht des Rechnungshofes ließ noch im September 2021 kein gutes Haar an der Ukraine.

Ab 2014 hatte die EU-Kommission 7,8 Milliarden Euro (für Makrofinanzhilfe und Hilfsprogramme) bereit gestellt. Mit welcher Wikung? „Korruptionsbekämpfungseinrichtungen sind gefährdet und das Vertrauen in derartige Stellen ist nach wie vor gering“, erklärt der Rechnungshof-Bericht. Sehr verbreitet sei Machtmissbrauch auf höchster Ebene, „durch den sich einige wenige Personen auf Kosten der Allgemeinheit einen Vorteil verschaffen“ und dadurch „der Gesellschaft schweren und weitreichenden Schaden zufügen. Diese Art von Korruption rührt hauptsächlich von Oligarchen und Interessengruppen her.“

Auszahlung des Rekord-Kredits von 18 Milliarden Euro beginnt in Kürze

Nichtsdestotrotz wird die Ukraine noch in diesem Monat die erste Auszahlung aus dem neuen 18 Milliarden Euro umfassenden Kredithilfsprogramm der Europäischen Union bekommen. Das kündigte von der Leyen am Freitag an. Man werde die Unterstützung für die Ukraine unbeirrt fortsetzen, sagte sie. Das neue Soforthilfepaket sei das größte, das die EU jemals für ein Partnerland aufgesetzt habe.

Nach Angaben von der Leyens soll zudem auch die geplante internationale Geberplattform in diesem Monat einsatzbereit sein. Sie werde sicherstellen, dass mit dem Wiederaufbau Reformen verbunden würden. “Weil dies den Weg in die Europäische Union ebnet”, ergänzte von der Leyen.

Von der Leyen befürwortet die anhaltende Unterstützung für die Ukraine. Im Bild mit Denys Schmyhal (l.).APA/AFP/JOHN THYS

Kiew hat 35 Jahre Zeit für Rückzahlung

Mit den neuen Finanzhilfen will die EU es dem ukrainischen Staat ermöglichen, weiter Löhne und Renten zahlen zu können. Zudem soll der Betrieb von Krankenhäusern, Schulen und Notunterkünften für umgesiedelte Menschen garantiert werden. Darüber hinaus soll das Geld auch genutzt werden können, um durch den russischen Angriffskrieg zerstörte Infrastruktur wiederherzustellen. Dazu gehören zum Beispiel Stromleitungen, Wassersysteme sowie Straßen und Brücken. Nach Angaben eines Kommissionssprechers wird sich die ersten Auszahlung aus dem neuen Kreditprogramm auf 1,5 Milliarden Euro belaufen.

Für die ab 2033 vorgesehen Rückzahlung der Kredite hat das Land bis zu 35 Jahre Zeit. Die Zinskosten werden von den Mitgliedstaaten der EU übernommen. Anlass des Besuchs der EU-Kommissionspräsidentin in Schweden war Beginn der sechsmonatigen EU-Ratspräsidentschaft des Landes am 1. Jänner.