Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine, der am 24. Februar 2022 als „militärische Spezialoperation“ begann, hat zahlreiche Schwächen in der russischen Armee offenbart – darin ist sich das Gros der Militärexperten einig. So mussten die russischen Streitkräfte mehrere empfindliche Rückschläge hinnehmen.

Das russische Verteidigungsministerium unter der Leitung von Sergej Schoigu will die Scharten der vergangenen Monate jetzt aber offenbar auswetzen. Schoigu ist fest entschlossen, die russischen Streitkräfte zu einer Super-Armee umzukrempeln. Das „Institute for the Study of War“ analysiert auf seiner Webseite die bevorstehende Reform der russischen Armee und welche vier Schritte Schoigu umsetzen will.

Die russische Armee soll auf zwei Millionen Soldaten aufgestockt werdenQuelle: dpa-Bildfunk/Dmitri Lovetsky

Größere Truppenstärke

1) Aufstockung der Streitkräfte und Mobilisierung: Die Truppenstärke soll – ohne verbindliches Datum – auf zwei Millionen Soldaten erhöht werden (Stand September 2022: 1,35 Millionen). Dies hatte Kreml-Chef Wladimir Putin vehement gefordert. So sollen neue Divisionen gebildet werden. Zudem soll das Wehrpflichtalter ausgeweitet werden. Schon seit einiger Zeit wird spekuliert, ob und wann Putin eine zweite Mobilmachung starten wird – die erste gab es im September 2022.

2) Mobilisierte Rekruten sollen erst nach einer gründlichen Ausbildung an die Front geschickt werden: Im Herbst 2022 wurden viele unausgebildete Soldaten auf das Schlachtfeld entsendet – und waren dort nicht viel mehr als Kanonenfutter. Davon wird der Kreml künftig absehen. Stattdessen sollen die Soldaten umgruppiert und besser ausgebildet werden.

Im Rahmen einer gründlichen Ausbildung soll auch die Moral der russischen Armee gehoben werdenQuelle: Alexander Natruskin / Reuters

Bessere Kommandostruktur

3) Verbesserung der Kommandostruktur: Am 11. Jänner ernannte der Kreml den Generalstabschef Waleri Gerassimow zum Befehlshaber der „Gemeinsamen Truppengruppierung in der Ukraine“. Mit drei von dem Verteidigungsministerium ernannten Stellvertretern soll er Russland auf einen langwierigen Krieg vorbereiten und das Kommando über einen Großeinsatz im Jahr 2023 übernehmen. Darüber hinaus soll die Kommandostruktur verbessert werden – mangelt es der russischen Armee doch an fähigen Unteroffizieren. Und es sollen zwei waffengattungsübergreifende strategische territoriale Vereinigungen der Streitkräfte gegründet werden.

4) Kontrolle der Kriegsinformationen und Beibehaltung der Propaganda-Narrative:Zuletzt wurden von Russland immer wieder Maßnahmen ergriffen, Kontrolle über das Narrativ in der Kriegsberichterstattung zu bekommen. Dazu zählt die Erzählung von einer unabhängigen Ukraine als Bedrohung für die russische Souveränität und Kultur, sowie von Russlands Einmarsch als notwendige „Selbstverteidigungs“-Maßnahme.

Zudem sollen in der russischen Gesellschaft Ängste vor einer Niederlage geschürt werden, um sich einen breiten Rückhalt zu verschaffen. Weiters sollen prominente Kriegsbefürworter, Stichwort Kriegsblogger, eingespannt werden, um deren Erzählungen neben der absichtlich vagen Berichterstattung des Verteidigungsministeriums in den Vordergrund zu stellen.