Deutschland ist der viertgrößte Rüstungsexporteur der Welt. 2021 verkaufte Deutschland weltweit Rüstungen im Wert von mehr als neun Milliarden Euro. Über besonders viele deutsche Rüstungsgüter durfte sich das autoritär-regierte Ägypten freuen, und ebensoKriegsregionen wie der Jemen und Libyen. Anders beim Russland-Ukraine-Konflikt: Hier verweigert die Bundesrepublik die Zusendung von Waffen an die verbündete Ukraine. Der Außenpolitische Sprecher der Grünen Jürgen Trittin bezweifelte Sonntagabend in der ARD-Sendung “Anne Will”, Putin mit Waffen in der Ukraine unter Druck zu setzen – zur Verärgerung des anwesenden Ukraine-Botschafters.

Grünen-Außenpolitik-Sprecher Jürgen Trittin versuchte Deutschlands Position zu verteidigenScreenshot ARD

"Wir hoffen auf ein Umdenken der Deutschen"

“Wir sind eine leichte Beute für Putin”, sagte der Ukraine-Botschafter in Deutschland Andrij Melnyk. “Wir müssen erkennen, dass wir kurz vor einem riesigen Krieg in Europa stehen.” Am Sonntagabend kreiste die ARD-Talkrunde um die Frage, wie die Bundesregierung auf die Eskalation im Krisengebiet mit mehr als 100.000 russischen Soldaten an der Grenze zur Ukraine reagieren sollte. Melnyk unterstrich: “Wir hoffen auf das Umdenken der Deutschen.” Die Ukraine fühle sich von Deutschland im Stich gelassen. Er forderte abermals die Zusendung von Defensivwaffen, die man in der Ukraine nun dringend brauche. Zuletzt hatte sich Deutschland auf die Zulieferung von 5000 Helmen beschränkt – die Zusendung von Waffen schließt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bis jetzt aus.

Auch US-Historikerin Anne Applebaum (vorne, zugeschaltet über TV) kritisierte die deutsche HaltungScreenshot ARD

“Die Bundesregierung muss aus dem Dornröschenschlaf erwachen” und endlich “den Ernst der Lage erkennen”, fordert Melnyk. “Deutschland steht am Scheideweg. Es geht um Frieden oder Krieg, es gibt keinen Zwischenweg”. Würden keine Waffen geliefert, lasse Deutschland die ukrainische Bevölkerung im Stich.

US-Historikerin zweifelt an "deutscher Entschlossenheit"

Ebenso mahnt Anne Applebaum, US-Historikerin mit polnischen Wurzeln: “Kanzler Scholz muss ganz klar sagen, dass er keinen Krieg will.” Applebaum zweifelt dezidiert an der “deutschen Entschlossenheit”. Deutschland sei nicht bereit, die Ukraine zu verteidigen. Gleichzeitig mache das Land “Geschäfte mit Russland und China”. Und ihr deutliches Fazit: “Deutschland nutzt Geschichte als Ausrede.”

Moderatorin Anne Will wandte sich auch an den SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert: “Was ist da schiefgelaufen?” Kühnert verteidigte die Haltung von Kanzler Scholz. Angesprochen auf die Lieferung von 5000 deutschen Helmen an die Ukraine reagiert Kühnert genervt: “Ja, das ist ein schöner Schenkelklopfer. Die Reaktion war: Das sei ja lächerlich.” Doch er bleibt dabei: “Unsere Position ist glasklar. Es gibt eine Einigkeit, keine Waffen zu liefern.”

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wirkte genervt bei "Anne Will"Screenshot ARD