Die EU ist für Krisen, wie die jetzigen, nicht gewappnet und muss umgestaltet werden. Das hält ein Beschluss der ungarischen Nationalversammlung fest. Er kritisiert auch scharf die Reaktion auf den Ukraine-Krieg: „Die unüberlegten Entscheidungen der internationalen Gemeinschaft über Sanktionen gegenüber Russland erschweren zusätzlich die Situation unseres Heimatlandes und unserer Mitbürger.“

Präsident Wolodymyr Selenskyj mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der LeyenAPA/AFP/UKRAINIAN PRESIDENTIAL PRESS SERVICE/Stringer

EU-Verträge sollen geändert werden: Für Krisen „ungeeignet“

Vorgelegt wurde der Beschluss über den „ungarischen Standpunkt“ bezüglich der Zukunft der EU von Abgeordneten der Fidesz-Partei Viktor Orbans und der Christlich-Demokratischen Volkspartei. Das Schreiben lässt darüber hinaus mit Knallhart-Forderungen an die EU aufhorchen.

Die ungarischen Abgeordneten verlangen eine Überprüfung und Änderung der EU-Verträge. Die jetzigen seien „nicht geeignet, in der Epoche der Krisen als Grundlage der Zusammenarbeit zu dienen.“ Orbans Regierung solle nun diesen ungarischen Standpunkt gegenüber dem Europäischen Rat, dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission vertreten.

Auch von der Leyen wird den Forderungen Gehör schenken müssen.APA/AFP/PATRICK HERTZOG

Die wichtigsten Punkte:

• Unerwünschte EU-Gesetze sollen durch nationale Parlamente verhindert werden.
• „Das Recht jedes Volkes muss garantiert werden, zu entscheiden, mit wes es im eigenen Heimatland zusammenleben will.“
• Das EU-Parlament hat die Demokratie in „eine Sackgasse gelenkt“. Künftig müssten die EU-Abgeordneten daher „durch die nationalen Parlamente delegiert werden, um dadurch die echte politische Legitimität zu gewährleisten“.
• Für welche Bereiche die EU-Institutionen überhaupt zuständig sind, und für welche nicht, ist „in einem ausführlichen Katalog festzuhalten“ – im Sinne der Subsidiarität.
• Die Zielsetzung der „immer engeren Einheit“ ist aus den Verträgen zu streichen, denn: „Die Integration ist kein Selbstzweck“.
• Die politische und ideologische Neutralität der EU-Kommission muss in den Verträgen festgehalten werden.
• „Die christlichen Wurzeln und die christliche Kultur Europas … dienen als moralischer Kompass in der Epoche der Unwägbarkeiten. Dieser Grundsatz muss in den Verträgen zum Tragen kommen.“
• „Umgang mit der demografischen Herausforderung und Familienförderung“ müssten als Zielsetzung in den Verträgen verankert werden.
• „Finanzielle Belastungen unserer Entscheidungen dürfen nicht auf unsere Kinder und Enkelkinder abgewälzt werden“. Daher müssen die Verträge „ein Verbot einer weiteren Kreditaufnahme durch die Union“ enthalten.

Kritik an Konferenz zur Zukunft Europas

Damit reagiert das ungarische Parlament auch auf die Konferenz zur Zukunft Europas, die medial beinahe vollständig untergangen ist, der eXXpress hat berichtet. Sie artete zu einem „teuren Selbstgespräch“ Brüssels mit sich selbst aus, wie die Schweizer „Neue Zürcher Zeitung“ bemerkte.

Sämtliche Vertreter der EU waren zum Abschluss der Konferenz dabei. Doch auf die Wünsche der Bürger haben sie zuvor nicht gehört, kritisiert Ungarn.APA/AFP/POOL/Ludovic MARIN
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hält eine Rede anlässlich der Präsentation des Konferenzberichts zur Zukunft EuropasAPA/AFP/POOL/Ludovic MARIN

Wünsche ungarischer Bürger wurden ignoriert

Doch gerade aus Ungarn, als einem der wenigen Länder, nahmen viele Bürger an den Diskussionen der Konferenz teil. Ihre Vorschläge wurden indessen ignoriert, kritisiert die Nationalversammlung. Stattdessen konnten sich ideologische Kräfte auaf der Konferenz austoben, die eine Aufhebung der Souveränität der EU-Staaten anstreben.

Die ungarischen Parlamentarier beklagen: „Die ungarische Nationalversammlung stellt mit Bedauern fest, dass die Konferenz an Stelle des offenen und demokratischen Dialogs – unter Ausschluss eines erheblichen Teils der Beiträge der jeweiligen Bürgerinnen und Bürger – zu einem Bediener der politischen und ideologischen Bestrebungen von Kräften geworden ist, die ein Interesse an der Aufhebung der Souveränität der Mitgliedsstaaten und dem Ausbau der Machtpositionen der EU-Bürokratie haben.“

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