Üblicherweise wird die Partei des Präsidenten bei den Zwischenwahlen massiv bestraft. Angesichts miserabler Beliebtheitswerte und der hohen Inflation galt dies auch in diesem Fall als ausgemachte Sache. Bidens Demokraten stilisierten den Urnengang jedoch zum Votum für die Verteidigung der Demokratie gegen die autoritären Tendenzen innerhalb der Republikaner hoch, und dürften damit einen Nerv bei vielen Wählern getroffen haben.

Mehrere von Trump unterstützte Kandidaten zogen nämlich in umkämpften Staaten den kürzeren, etwa der TV-Arzt Mehmet Oz bei der Senatswahl in Pennsylvania. Dort konnte der demokratische Vizegouverneur John Fetterman den bisher vom gemäßigten Republikaner Pat Toomey gehaltenen Senatssitz erobern. Toomey hatte auch aus Frust über den Rechtskurs seiner Partei auf ein neuerliches Antreten verzichtet. Das Votum für Fetterman war vorentscheidend für die Kontrolle des Senats. Die Republikaner müssten nämlich zwei der drei umkämpften Senatsrennen in Arizona, Nevada und Georgia für sich entscheiden und ihren wackelnden Sitz in Wisconsin halten, um den Demokraten noch die Mehrheit in der wichtigeren US-Parlamentskammer abzujagen.

Republikaner erobern eventuell "House"

Im Abgeordnetenhaus wurden alle 435 Sitze neu gewählt. Unter anderem durch die Änderung von Wahlkreisgrenzen gingen die oppositionellen Republikaner mit einem Vorteil ins Rennen. Prognosen sagten ihnen einen Zugewinne von zehn bis 20 Sitzen vorher, auch ein Erdrutschsieg schien möglich. Einer Prognose des US-Senders ABC zufolge waren die Republikaner mit 207 zu 187 Sitzen in Führung, während 41 Wahlkreise noch auszuzählen waren. Die Wahl 2020 hatten die Demokraten mit 222 zu 213 Sitzen gewonnen. Der republikanische Minderheitsführer Kevin McCarthy erklärte seine Partei noch Vorliegen entsprechender Prognosen zum Sieger. “Es ist klar, dass wir uns das Abgeordnetenhaus zurückholen werden”, sagte er in der Nacht auf Mittwoch bei einem kurzen Auftritt in Washington.

Im Senat wurden nur 35 der 100 Sitze neu gewählt, wobei die Republikaner mehr Sitze zu verteidigen hatten. Neben Pennsylvania war dies auch in Wisconsin der Fall. Dort lag der republikanische Amtsinhaber Ron Johnson mit 50,7 zu 49,1 Prozent vor dem demokratischen Herausforderer Mandela Barnes, doch hoffte dieser auf noch auszuzählende demokratische Hochburgen. In Georgia, wo der erst vor zwei Jahren in einer Sonderwahl gewählte Demokrat Raphael Warnock seinen Sitz zu verteidigen hatte, sah es aber nach einer Stichwahl aus, da weder er noch sein republikanischer Herausforderer Hershel Walker die nötige absolute Mehrheit erreichen dürften. Teilergebnisse zeigten Warnock mit 49,1 zu 48,8 Prozent vor Walker. In Arizona war der demokratische Amtsinhaber Mark Kelly mit 56,3 zu 41,4 Prozent deutlich vor seinem republikanischen Herausforderer Blake Masters, doch waren dort noch konservative Hochburgen auszuzählen. In Nevada führte die demokratische Amtsinhaberin Catherine Cortez Masto mit 50,9 zu 46,3 Prozent vor dem Republikaner Adam Laxalt.

Klarer Sieg für DeSantis

Dämpfer für das Trump-Lager gab es auch bei den Gouverneurswahlen. In den Schlüsselstaaten Pennsylvania, Wisconsin und Michigan setzten sich jeweils demokratische Kandidaten gegen Republikaner durch, die Trumps Lügen über den angeblich gestohlene Wahl 2020 weiterverbreitet hatten. In Arizona sah es für die republikanische Kandidatin Kari Lake ebenfalls schlecht aus, doch nährte sich am Wahlabend in einer ersten Stellungnahme bereits Zweifel am Wahlausgang. In den Ostküstenstaaten Massachussetts und Maryland gelang es den Demokraten die Gouverneursämter von den Republikanern zurückzuerobern.

Dagegen setzte sich in Florida der republikanische Gouverneur Ron DeSantis klar gegen seinen demokratischen Kontrahenten Charlie Crist durch. DeSantis wird nachgesagt, ebenfalls für die Republikaner als Kandidat antreten zu wollen. Trump drohte DeSantis am Wahltag mit unangenehmen Enthüllungen, falls dieser 2024 ins Rennen ums Weiße Haus gehen sollte. Er könne über DeSantis “Dinge erzählen, die nicht besonders schmeichelhaft sind”, sagte er im US-Fernsehen. Trump hatte am Montag für den 15. November eine “sehr große Mitteilung” angekündigt. Es ist davon auszugehen, dass er seine schon seit langem angedeutete Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2024 ankündigen will.