Alexander Van der Bellen (79) wurde am 9. Oktober 2022 mit 56,7 Prozent der Stimmen erneut zum Bundespräsidenten gewählt. Heute wurde er im historischen Parlamentssaal von der Bundesversammlung, dem gemeinsamen Gremium von National- und Bundesrat, im Beisein von 1000 Gästen feierlich angelobt.

Das Staatsoberhaupt sprach die von der Verfassung vorgegebene Formel “Ich gelobe, dass ich die Verfassung und alle Gesetze der Republik getreulich beobachten und meine Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen werde” wie schon vor sechs Jahren ohne den möglichen religiösen Zusatz. Van der Bellen wurde daraufhin mit stehenden Ovationen gefeiert.

Einzig die FPÖ begnügte sich mit einem sehr kurzen Beifall, was wohl einem Interview des Präsidenten geschuldet war, in dem er die Angelobung eines FPÖ-Kanzlers Herbert Kickl in Zweifel zog, eXXpress berichtete.

Van der Bellen: Lassen wir uns nicht von der Angst treiben

In seiner Rede, die jenen von Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) des Vorsitzenden des Bundesrats, Günter Kovacs (SPÖ), folgte, sagte Van der Bellen, er freue sich, dass er wieder hier sein dürfe.

Er hob mit folgenden Worten an: „Wir werden unseren gewohnten Alltag verändern müssen, sonst schaffen wir uns ab.“ Und weiter: Es sei unser aller Aufgabe, ein Bild der Zukunft zu entwerfen, auf das wir uns alle freuen. Er bezog sich dabei auf die „Klimakatastrophe“. Mithin müsse gehandelt werden.

Van der Bellen warnte auch vor der großen Macht der Angst. „Lassen wir uns nicht von der Angst das Bild der Zukunft diktieren“, sagte er. Er erinnerte daran, dass es schon während der Corona-Pandemie Panikmache gab, ebenso gab es nach dem Ausbruch des Ukrainekriegs mit Blick auf die Gasversorgung Unkenrufe. Dennoch wurde Österreich beider Krisen – Corona- und Gaskrise – Herr.

Appell an die Politiker, über den eigenen Schatten zu springen

Er rief die Parteien außerdem dazu auf, Kompromisse zu schließen und nicht auf ihre eigenen Standpunkte zu beharren. Jeder Politiker sei gefordert, die Weltsicht des anderen zu respektieren und in die eigenen Erwägungen einzubeziehen. Nur so könnten die vielfältigen Herausforderungen der Zukunft bewältigt werden. Außerdem: Politiker seien dazu aufgerufen, die Wahrheit zu sagen – und verantwortungsvoll zu führen, anstatt zu verführen.

Van der Bellen richtete auch einen Appell an die Medien. Anstatt zu übertreiben, zuzuspitzen und zu verkürzen sei es die Pflicht der 4. Macht im Staat, auf dem Boden der Fakten zu bleiben und die Zusammenhänge sachlich darzustellen und zu erklären. Die Medien hätten für die Funktionsfähigkeit der Demokratie eine große Verantwortung, betonte Van der Bellen.

Schließlich appellierte er an die Österreicher, autoritäre politische Tendenzen im Land nicht zuzulassen.

Während Van der Bellen bei seiner Angelobung spricht, machen sich Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) schöne Augen