Von den aktuell 14 Volksbegehren, die man unterschreiben kann, darf zumindest eines mit breiter Zustimmung der Österreicher rechnen: jenes zur Bewahrung des Bargelds, denn dieses liegt den Österreichern ganz besonders am Herzen, wie alle Umfragen belegen. Der Wiener Unternehmer Josef Binder fordert nun den Schutz des Bargelds durch die Verfassung. “Der Gesetzgeber möge bundesverfassungsgesetzliche Maßnahmen treffen, um die Beibehaltung des uneingeschränkten Bargeldzahlungsverkehrs zu verankern”, heißt es im Text des Volksbegehrens. Und weiter: “Das Bargeld ist im vollen Umfang als Zahlungsmittel und Vermögensform zu schützen, ohne Obergrenzen.” Der zweite Punkt richtet sich gegen derzeitige Bemühungen der EU, eine Obergrenze von 10.000 Euro für Bargeldzahlungen einzuführen – angeblich zur Bekämpfung von Geldwäsche.

"Ein wichtiger Faktor für Vertrauen der Bürger in Politik"

Auch bei der Österreichischen Nationalbank ist man klar gegen ein Verdrängen des Bargelds. “Die Österreichische Nationalbank ist stets für die Erhaltung des Bargeldes eingetreten und wird diesen Kurs aller Voraussicht nach in Zukunft beibehalten”, unterstreicht Barbara Kolm, die Vizepräsidentin des Generalrates der Österreichischen Nationalbank gegenüber dem eXXpress. “Bargeld ist ein ganz wichtiger Faktor für das Vertrauen der Bürger in die Politik.”

Barbara Kolm ist seit September 2018 Vizepräsidentin der Österreichischen Nationalbank und darüber hinaus Präsidentin des Friedrich August von Hayek Instituts sowie Gründerin und Direktorin des Austrian Economics CenterAPA/HERBERT NEUBAUER

Kolm nennt mehrere Gründe für die Beibehaltung von Cash trotz des zunehmenden Online-Shoppings: “Zum Bargeld besteht ein niederschwelliger Zugang. Man benötigt dafür keinerlei technische Kenntnisse und auch kein Handy. Hinzu kommt die anonyme Übertragbarkeit von Person zu Person und die Aufbewahrungsmöglichkeit ohne Zuhilfenahme von Dritten. Darüber hinaus ist es auch im Falle eines Stromausfalls wichtig, Bargeld zu besitzen.”

Auch um den Umgang mit Geld überhaupt erst zu erlernen, sei Bargeld wichtig: “Bedeutsam ist die haptische Qualität: Es ist besser für das menschliche Vorstellungsvermögen Münzen und Scheine in der Hand zu haben. Das setzt weniger Abstraktionsvermögen voraus. Über das Bargeld erlernen die Menschen besser und leichter den Umgang mit Geld und behalten eine bessere Übersicht.”

Es geht um den Respekt vor Bürger und Privateigentum

Die Europäische Zentralbank EZB erklärt ebenfalls, am Bargeld festhalten zu wollen. Dafür dürfte es auch politische Gründe geben: “Die Akzeptanz des Bargeldes ist für das Vertrauen in die Geldpolitik sehr wichtig”, berichtet Barbara Kolm. “Im übrigen ist bisher keine einzige europäische Notenbank für die Abschaffung von Bargeld eingetreten – im Gegenteil: es herrscht Europaweiter Konsens über die Beibehaltung von Bargeld.” Einschränkungen für die Verwendung von Bargeld hat es aber schon gegeben, und von denen Kolm allerdings nichts hält: “Unter dem Vorwand gegen Terrorismus vorzugehen wurde 2016 beschlossen, keine weiteren 500-Euro-Scheine zu drucken. Ich halte dieses Argument für nicht überzeugend. Terrorismus braucht kein Bargeld.”

Den derzeitigen Trend hin zu mehr Einschränkung des Bargelds und zum nun angedachten Verbot von Bargeldzahlungen von mehr als 10.000 Euro kommentiert die Vizepräsidentin des Generalrates der Österreichischen Nationalbank wie folgt: “Es ist eben eine Vertrauensfrage: Wie weit vertrauen die Staaten ihren Bürgern? Gesteht man Individuen zu, mit ihrem Vermögen zu machen, was sie wollen und auch höhere Summen zu überweisen? Es ist eine Frage des Respekts vor den Bürgern und ihrem Recht auf Privateigentum.”

Für Österreicher ist Bargeld besonders wichtig

Gerade in Österreich ist das Bargeld besonders beliebt. Österreicher zahlen überdurchschnittlich oft mit Bargeld, wie eine EZB-Umfrage ergab. Demnach gehen 79 Prozent der Zahlungsvorgänge mit Münzen und Scheinen über die Bühne. Im EU-Schnitt greifen die Bürger nur für 73 Prozent ihrer Zahlungen zu Barem.

Anfang Mai ergab eine internationale Umfrage des Shopping-Dienstleisters Klarna: 47 Prozent der Österreicher zahlen bevorzugt mit Bargeld, im internationalen Schnitt sind es nur 30 Prozent. Interessanterweise ist das Bargeld keineswegs eine Domäne der älteren Einkäufer. “Insbesondere bei den 18- bis 25-Jährigen (50 Prozent) und den 46- bis 55-Jährigen (54 Prozent) steht die Barzahlung hoch im Kurs.”

Ab 100.000 Unterschriften muss Volksbegehren im Nationalrat behandelt werden

“Nur eine Verankerung des Bargeldes in der Bundesverfassung, gewährt die Freiheit und die
Verfügbarkeit privaten Vermögens und ist als Grundrecht abzusichern”, unterstreicht das Volksbegehren. Es scheint allerdings fraglich, ob sich Österreich im Falle eines Bargeldverbots durch die EU gegen diesen Schritt wehren könnte, selbst mit Verankerung in der Bundesverfassung. Das europäische Recht hat prinzipiell einen Anwendungsvorrang gegenüber nationalem Verfassungsrecht. Allerdings hätte eine in der Verfassung verankerte Absicherung des Bargelds eine zumindest symbolische Bedeutung.

Sobald ein Volksbegehren 100.000 oder mehr Unterschriften erhalten hat, ist eine Behandlung seines Themas im Nationalrat verpflichtend.

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