Donnerstagabend stöhnte Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres über die viel zu niedrige Durchimpfungsrate in Österreich von 62 Prozent. Und Franz Schellhorn, Leiter der Wiener Denkfabrik Agenda Austria, forderte Selbstbehalte für Impfverweigerer. Immerhin könne sich Dänemark aller Corona-Beschränkungen entledigen, weil dort im Gegensatz zu Österreich bereits mehr als 80 Prozent der Einwohner geimpft sind.

Ein Staatschef, der schon seit Monaten mit knallharten – und umstrittenen – Maßnahmen die Impfquote anhebt, ist Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.

Geschenke für Geimpfte, Strafen für Ungeimpfte

Monatelang galt Frankreich als Land der Impfmuffel. Bis sich Macron am 12. Juli in einer TV-Ansprache an die Franzosen wandte. Kernpunkte seiner Rede: Geimpfte dürfen nun uneingeschränkt ins Restaurant und ins Café, in Theater, Kinos, Schwimmbäder, Einkaufszentren und Freizeitparks. Der Gesundheitspass – eine Impfbescheinigung – ist darüber hinaus seit August verpflichtend für Reisen, große Sportveranstaltungen und Konzerte.

Ungeimpfte brauchen hingegen ein negatives Test-Ergebnis. Und ab 15. Oktober sind Corona-Tests auf Kosten der Krankenkasse Geschichte. Von da an müssen ungeimpfte Franzosen die Tests zum Restaurant- oder Theaterbesuch selbst bezahlen.

Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen

Ab 15. September gilt darüber hinaus in ganz Frankreich eine Impfpflicht für alle Berufsgruppen in Altenpflegeheimen und Krankenhäusern, für alle niedergelassenen Ärzte und deren Beschäftigte, Apotheker, Medizinstudenten sowie für Feuerwehrleute.

Bis 7. September haben bereits 88 Prozent des Pflegepersonals eine erste Impfdosis erhalten, bei niedergelassenen Medizinern und deren Beschäftigten sind es 94 Prozent. Noch Anfang Mai hatten hier nur 51 Prozent eine Impfdosis erhalten. Wer sich weiterhin gegen den Stich wehrt, wird ab 15. Oktober in den unbezahlten Urlaub geschickt.

Frankreich hat Österreich überholt

Macrons harte Gangart löste heftige Proteste aus – und einen gewaltigen Impf-Anstieg. Die Website zur Buchung eines Impftermins wurde während Macrons Rede 7,5 Millionen Mal angeklickt. Mittlerweile haben in Frankreich mehr als 73 Prozent der Einwohner eine Corona-Impfung erhalten. Vor Macrons Durchgreifen waren es nur 53 Prozent. In Österreich sind es zurzeit 62 Prozent. Doch am Tag vor Macrons Rede lag Österreich mit 56 Prozent noch vor Frankreich. Kurz: Während Österreichs Impfquote seither um magere 6 Prozentpunkte gestiegen ist, sind es im Falle Frankreichs 20.

Macrons Politik stieg speziell in den ersten Wochen auf starken Widerstand. Es folgten Wochenend-Proteste – bis heute. Die Demonstranten sprachen von “Gesundheitsdiktatur”. 300.000 Menschen waren anfangs landesweit auf die Straße gegangen. Zuletzt waren es  insgesamt 121.000.