Kein Tag vergeht ohne neue, schreckliche Nachrichten aus dem Krieg in der Ukraine – besonders aus die heftig umkämpfte Hafenstadt Mariupol ist zu einem der blutigsten Herde von Putins Angriffskrieg geworden. Immer wieder waren Evakuierungsversuche der einst so blühenden Metropole, die durch das Dauerfeuer der russischen Truppen mittlerweile zu mehr als 80 Prozent zerstört sein soll, gescheitert.

Nun aber soll es endlich immer mehr Menschen gelungen sein, Mariupol zu verlassen – nicht alle sollen jedoch freiwillig gegangen sein, so heißt es. Wie der stellvertretende Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Kyrylo Tymoschenko, auf Telegram vermeldete, soll es am Samstag 4128 Menschen gelungen sein, Mariupol zu verlassen.

Was ukrainische Quellen zusätzlich berichten, macht allerdings Sorgen: Viele Einwohner Mariupols – vor allem Frauen und Kinder – sollen von den russischen Invasoren offenbar gegen ihren Willen in entlegene Städte in Russland gebracht werden, wie eine Erklärung der Stadtverwaltung vermeldet: “In der vergangenen Woche wurden mehrere tausend Einwohner von Mariupol auf russisches Territorium gebracht.”

“Die Besatzer haben illegal Menschen aus dem Stadtteil Livoberezhniy und aus dem Schutzraum des Sportklubs verschleppt, wo sich mehr als Tausend Menschen, hauptsächlich Frauen und Kinder, vor den ständigen Bombardierungen versteckt hatten”, teilte der Stadtrat in einer Erklärung auf seinem Telegram-Kanal am späten Samstagabend mit.

Die russische Nachrichtenagentur TASS meldete, dass 13 Busse mit mehr als 350 Menschen an Bord nach Russland unterwegs seien. Das russische Verteidigungsministerium verkündete diesen Monat, dass Russland 200 Busse für die “Evakuierung” der Bürger von Mariupol bereitgestellt habe.

Die Frauen und Kinder Mariupols sollen in Lager gebracht worden sein, wo russische Streitkräfte ihre Handys und Dokumente überprüft hätten. Einige seien dann in abgelegene Städte in Russland gebracht worden, heißt es in der Erklärung weiter. Das Schicksal der anderen sei unbekannt.

“Was die Besatzer heute tun, ist der älteren Generation vertraut, die die schrecklichen Ereignisse des Zweiten Weltkriegs gesehen hat, als die Nazis Menschen gewaltsam gefangen nahmen”, sagte der Bürgermeister von Mariupol, Wadym Boitschenko, in der Erklärung. “Es ist schwer zu vermitteln, dass Menschen im 21. Jahrhundert zwangsweise in ein anderes Land gebracht werden.”

In den vergangenen Wochen und Tage erreichten immer mehr Meldungen über erschreckende Angriffe auf und Verbrechen an Zivilisten in Mariupol das Auge und das Ohr des Westens: Nach den Bildern eines Angriffs auf eine Geburtenklinik gingen Aufnahmen des völlig zerstörten Drama Theaters in Mariupol um die Welt, in dem sich mehr als 1000 Menschen – darunter etliche Kinder – aufgehalten haben sollen, rund um die Welt. Besonders tragisch daran: Vor und hinter dem Theater war das Wort “Kinder” in großen Lettern auf den Boden geschrieben, um eine russische Attacke aus der Luft abzuwehren…