Bereits unmittelbar zu Beginn des Krieges am 24. Februar drangen russische Truppen ungeschützt in die hochkontaminierte Sperrzone des Kernkraftwerks Tschernobyl ein. Durch das Aufwirbeln des giftigen Staubes stiegen die Strahlenwerte in der Gegend an, bevor sie sich wieder zurückzogen.

Russland behandle die toxische Anlage “wie ein normales Schlachtfeld, ein Gebiet, in dem man sich nicht einmal um die nukleare Sicherheit kümmert”, sagte der ukrainische Präsident Selenskyj während einer Pressekonferenz mit Rafael Grossi, dem Chef der UN-Atomüberwachung. Der Einsatz von Waffen in so großer Nähe war daher eine unmißverständliche Drohung des Kremls zu verstehen. Grosse nannte die Situation gegenüber Reportern. “absolut abnormal und sehr, sehr gefährlich.”

In Saporischschja befindet sich Europas größtes Kernkraftwerk (ZNPP) mit sechs Kernreaktoren. Auch diese Anlage wurde gleich zu Beginn des Krieges von russischen Truppen besetzt und dient als Militärbasis. “Der Flug von Raketen in geringer Höhe direkt über dem ZNPP-Gelände, wo sich Nuklearanlagen mit einer riesigen Menge an Nuklearmaterial befinden, birgt enorme Risiken”, sagte der Direktor der ukrainischen Atombehörde, Petro Kotin. Die regionale Militärverwaltung berichtete, dass bei dem Angriff mindestens eine Person getötet und eine weitere verletzt wurde. Eine dritte Rakete wurde von der ukrainischen Luftverteidigung abgeschossen und landete auf einem Feld am Rande der Stadt.

Russland ignoriert das Risiko

Selenskyj berichtete am Dienstagabend, russische Truppen hätten zudem Strahlenmessgeräte gestohlen und fügte hinzu: “Ich glaube, dass nach allem, was russische Truppen in der Tschernobyl-Zone und im Kernkraftwerk Saporischschja getan haben, sich niemand auf der Welt sicher fühlen kann.” Russland scheine nicht mehr zu wissen, was “Tschernobyl” bedeute. Die Reaktorkatastrophe vom 26. April 1986 von Tschernobyl ist für viele Menschen zum Sinnbild einer weltweiten Umweltkatastrophe geworden.

Selenskyj traf mit Vertretern der internationalen Atomenergiebehörde zusammen.