Eltern, Schüler und Lehrer sprechen von Chaos, Bildungsminister Heinz Faßmann von Autonomie. Trotz Lockdown haben die Schulen geöffnet. “Die Schulen bleiben geöffnet, für alle, die sie brauchen“, erklärt das Bildungsministerium auf seiner Homepage. Gemäß aktuellem Erlass ist “flächendeckendes Distance Learning nicht vorgesehen“.

Schüler, die nicht kommen möchten, dürfen tageweise fernbleiben, ganz ohne ärztliches Attest. Das taten je nach Bundesland und Schultyp unterschiedlich viele. Bundesweit haben ungefähr 75 Prozent der Schüler seit Montag den regulären Unterricht besucht, 90 Prozent waren es in Wien, um die 60 Prozent in Niederösterreich, an den Volksschulen waren es deutlich weniger, an den oberen Schulstufen mehr.

Einige Schülervertreter ziehen Distance Learning vor

Einige Schuldirektoren beschweren sich: Wo bleibt Plan A, B, C? Sie fühlen sich allein gelassen. Auch Schülervertreter wie die Salzburger Landesschulsprecherin Theresa Golser beklagen: “Der Hybridunterricht war vergangenes Schuljahr grauenhaft. Dann lieber komplett im Distance Learning.“ Die Virologen erklären ebenso: Ein Lockdown ist nur wirksam, wenn auch die Schulen geschlossen sind. Hinzu kommt die Rekordinzidenz bei 6- bis 14-Jährigen. Sie beträgt 2400, weit mehr als im Vorjahr (unten). Damit sind Kinder und Jugendliche die zurzeit am stärksten betroffene Altersgruppe. Die Gefahr, sich an der Schule zu infizieren, ist besonders hoch.

Der Druck auf Faßmann wächst, laut Insidern auch innerhalb der Koalition, doch der Minister wehrt sich nach Kräften gegen ein flächendeckendes Distance Learning und hat sich vorerst durchgesetzt. Bald werde auch eine klare Regelung ab Freitag, spätestens ab Montag, in Kraft treten, unterstreicht er. Bei zwei positiv auf Covid getesteten Schülern muss die gesamte Klasse fünf Tage lang zu Hause bleiben und ins Distance Learning wechseln. Das Problem: Was passiert nach fünf Tagen, wenn einige Schüler nach wie vor positiv getestet werden, andere nicht? Gemäß Faßmanns Wunsch sollen dann die nicht mit Covid infizierten Schüler die Möglichkeit haben, in die Schule zurückzukehren. Ob das immer sinnvoll ist – etwa wenn sich fast alle Schüler einer Klasse infiziert haben – soll vor Ort entschieden werden. Man könne eben nicht alles zentralistisch anordnen, schon gar nicht bei einem komplexen System wie Schule und Bildung.

Faßmann: "Kinder waren bisher die Leidtragenden"

Warum sperrt sich Faßmann gegen einen “einfachen” bundesweiten Lockdown für die Schulen? “Kinder und Jugendliche waren bisher die Leidtragenden der Pandemie”, erklärte er am Dienstag im ORF-Report. “Sie waren unglaublich solidarisch mit den älteren Menschen und mit meiner Altersgeneration. Wir sollten ihnen ein Stück Normalität wieder zurückgeben.” Vor allem brauchten sie den Austausch mit Gleichaltrigen.”

Im Übrigen seien die hohen Covid-19-Zahlen auch auf die vielen Schultestungen zurückzuführen. “Würden wir nicht so viel testen, hätten wir nicht so hohe Zahlen.” Bei geschlossenen Schulen stelle sich zudem die Frage: Was machen dann Krankenpfleger, die wieder Kinder haben? Kinder brauchten auch daheim Betreuung. Und: Wenn alle Schulen auf Distance Learning wechseln, werden bildungsferne Haushalte benachteiligt. Hinzu kämen erhebliche psychische Probleme, wenn Kinder nur zu Hause sind.

Faßmann bleibt hart: Doch wenn die Inzidenzen bei Jugendlichen weiter ansteigen, wird es für ihn zunehmend schwerer werden, diese Linie beizubehalten. Jüngste PCR-Tests und die Abwasser-Analytik stimmen den Minister immerhin optimistisch.