Weltgremien wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO), der Internationale Währungsfonds (IWF), die Weltbank und die Welthandelsorganisation (WTO) fordern nun in einer Kampagne: „Reichere Länder müssen dringend mehr Covid-Impfstoffe an ärmere Nationen abgeben“. Sonst riskiere man, dass neue Covid-19-Virusvarianten auftauchen könnten.

Stehen Briten vor dritter Welle?

Mangels weltweit verfügbarer Impfungen entstehe eine „gefährliche Kluft“ zwischen reicheren und ärmeren Nationen. „Zunehmend entwickelt sich eine zweigleisige Pandemie. Die ungleiche Verteilung von Impfstoffen lässt nicht nur ungezählte Millionen von Menschen dem Virus schutzlos ausgeliefert sein, sondern ermöglicht auch die Entstehung tödlicher Varianten, die sich weltweit verbreiten“, warnen die Gremien.

Prekär: Selbst Länder mit fortschrittlichen Impfprogrammen sind gezwungen, wieder strenge Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit zu ergreifen. So steht etwa das schon sehr weit durchgeimpfte Großbritannien in den Augen vieler Experten wegen der indischen Variante vor der dritten Welle.

Europas Gesundheitssysteme wirken wie ein Magnet

Die Verteilung der Impfstoffe wird aber vor allem auch eine große Herausforderung für die Migrationspolitik der Europäischen Union werden, konstatiert das „International Centre for Migration Policy Development“ (ICMPD) mit Sitz in Wien in einem Bericht. Die andauernde Covid-19-Pandemie hätte Millionen weitere Menschen in die Armut gestürzt. „Europa sollte sich auf ein schwieriges Migrationsjahr einstellen und in globale Partnerschaften und Kooperationen investieren, um sich dieser Herausforderung stellen zu können“, mahnt der Expertenbericht.

„Die ungleiche Verteilung der Covid-Impfstoffe wird den Spalt zwischen reichen und armen Ländern nur noch vergrößern. Es werde wirtschaftlichen Aufschwung dadurch in unterschiedlichen Geschwindigkeiten geben, was zu neuen und stärkeren Migrationsströmen führen würde“, warnte Michael Spindelegger, der Leiter des Internationalen Zentrums für Migrationspolitik bereits Anfang des Jahres.

„Bessere Gesundheitssysteme in der EU könnten wie ein Magnet wirken. In der EU ist das Impfen kostenlos. Für Migranten aus Afrika, Lateinamerika und Asien ist das sehr attraktiv“, so Spindelegger weiter.

Michael Spindelegger ist seit 2016 der Leiter des ICMPDÖsterreichisches Außenministerium, CC BY 2.0 <https://creativecommons.org/licenses/by/2.0>, via Wikimedia Commons

Das Zeitfenster schließt sich schnell

Arme Nationen hätten, so erklären die Weltgremien, bisher weniger als ein Prozent der weltweit verabreichten Covid-Impfstoffe erhalten. „Es muss nicht so sein“, schreiben die Autoren der Kampagne weiter. „Die Investition von 50 Milliarden Dollar zur Beendigung der Pandemie ist möglicherweise die beste Verwendung öffentlicher Gelder, die wir zu unseren Lebzeiten sehen werden. Es wird eine enorme Entwicklungsdividende zahlen und das Wachstum und den Wohlstand weltweit steigern.“ Aber das Zeitfenster schließe sich schnell. Die Pandemie bedrohe „uns alle“.