Die sechs Wochen andauernde Ausreisetestpflicht aus Tiroler Gemeinden wurde auf Basis der hohen Zahl an Corona-Infektionen und -Mutationen verhängt. Sollte sich der mittlerweile stark erhärtete Verdacht der falschen PCR-Testergebnisse endgültig bestätigen (der eXXpress berichtete), wäre die Tiroler Bevölkerung anscheinend zu Unrecht eingesperrt worden. Ebenso wären tausende Menschen ohne tatsächlicher Infektion zur Quarantäne verpflichtet worden. Auf Anfrage des eXXpress wird von Juristen durchaus die Rechtsansicht vertreten, dass es zu einer Flut an Klagen kommen könnte.

Einem Bericht des “Standards” zufolge hätte Tirol den größten Auftrag für die PCR-Tests einem Unternehmen, nämlich der Firma HG Lab Truck, zugesprochen, das sowohl die technischen als auch die fachlichen Voraussetzungen dafür nicht erfüllen würde. Brisant: Die Firma ist ein Tochterunternehmen der HG Pharma, die dem Wiener Urologen Ralf Herwig gehört. Ein Kernproblem der Causa, denn der Urologe dürfe keine PCR-Test-Befunde ausstellen: Herwig ist Urologe – und um PCR-Tests befunden zu können, bedarf es eines Facharztes. Im Sommer 2020 hat Herwigs Firma dazu den Labormediziner Armin Schwarzbach in Augsburg kontaktiert und ihm eine Kooperation angeboten. Schwarzbach ließ sich in Österreich für diese Arbeit über Eintragung bei der Ärztekammer ermächtigen. Doch dann endete der Kontakt zu Herwig. “Ich habe nie wieder von ihm gehört. Ich habe auch keine einzige Probe befundet und keinen Cent erhalten”, bestätigt Schwarzbach.

Acht Millionen Umsatz für die dubiose Firma

Hinzu kommt der Vorwurf, dass Herwig selbst nicht mehr als Arzt praktizieren dürfe, da es eine „einstweilige Maßnahme“ der Disziplinarkommission durch die Ärztekammer gegen ihn verhängt wurde.
Acht Millionen Euro soll die HG Lab Truck bereits an den Corona-Tests verdient haben – wie und warum sie den Auftrag überhaupt erhalten haben, ist ebenfalls noch nicht geklärt. Fix ist jedenfalls, dass es keine diesbezügliche Ausschreibung gegeben hat. Für Andreas Haselwantner-Schneider von der Liste Fritz scheint klar, dass es sich hierbei nur um Freunderlwirtschaft handeln kann, habe Tirol doch selbst genügend Virologen, Experten und Institute, die herangezogen werden hätten können.

Firmenchef zieht sich nach Vorwürfen zurück

Der nun schwer unter Beschuss geratene Chef bzw. Gründer der Firma HG Pharma, Ralf Herwig, hat am Mittwoch seinen  vorübergehenden Rückzug aus dem operativen Geschäft erklärt. Wie es mit der noch bis Ende Juni laufenden Zusammenarbeit des Landes mit seiner Firma weitergehe, entscheide das Land. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) erwartet im Lauf des Tages die Ergebnisse der Qualitätsprüfung.

Erste Konsequenzen in der Landesregierung

Sowohl die schwarze Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf sowie der ÖVP-Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg sind am Dienstag zurück getreten – angeblich aus „privaten Gründen“. Günther Platter, der sich noch vor wenigen Tagen nicht mit einem Umbau seiner Landesregierung befassen wollte, wird nun wohl genau das tun müssen. Zudem wird er sich der Landeshauptmann nicht ganz aus der Affäre ziehen können. Ob das Köpferollen eine Ebene höher weiter gehen wird, wird sich zeigen.