Die Justizpanne bei der Staatsanwaltschaft ist für Außenstehende kaum nachvollziehbar, aber schon vor zwei Jahren genau so passiert: Nach dem verheerenden Terroranschlag in der Wiener Innenstadt durch den Islamisten Kujtim F. (20), bei dem am 2. November 2020 vier Menschen erschossen wurden, stellte eine Staatsanwältin wohl ausgerechnet das entscheidende Ermittlungsverfahren gegen einen wichtigen Helfer des Attentäters irrtümlich ein. So bleibt Marsel O. (31) für den illegalen Verkauf der Mordwaffe unbehelligt, wie der Kurier berichtet.

Der Slowene hatte dem Wien-Attentäter das Sturmgewehr Zastrava M 70, einen lizensierten Kalaschnikow-Nachbau, im Juni 2020 illegal verkauft. Mit der Waffe führte Kujtim F. vier Monate später in der Seitenstettengasse im Wiener Ausgeh-Viertel Bermuda-Dreieck den Terroranschlag aus. Im September 2020 war der Slowene erneut nach Wien gekommen. Diesmal hatte er eine Pistole der Marke “Tokarev” (Kal. 7,62 mm) plus Munition an den Islamisten übergeben.

Staatsanwältin wollte anderes Verfahren einstellen - eigentlich

Für diesen Pistolen-Verkauf steht Marsel O. ab Dienstag vor dem Straflandesgericht in Wien – nicht aber für die Beschaffung und Veräußerung des Sturmgewehrs. Die diesbezüglichen Ermittlungen stellte die sachbearbeitende Staatsanwältin ein. Sie hatte ein weiteres Verfahren am Laufen, in dem Marsel O. ebenfalls eine (untergeordnete) Rolle gespielt hatte. Dieses wollte sie eigentlich zu den Akten legen, schloss jedoch irrtümlich den falschen Vorgang. Ist ein Verfahren aber erst einmal eingestellt, kann es nicht mehr aufgenommen werden.

Angeklagter erspart sich durch Panne mindestens ein Jahr Haft

Es ist demnach reines Glück, dass Marsel O. wegen des getrennt ermittelten Pistolenverkaufs überhaupt der Prozess gemacht werden kann. Allerdings beträgt die Höchsstrafe hierfür nur mehr zwei Jahre. Ein Jahr weniger als im Falle einer Anklage wegen des tödlichen Sturmgewehrs.

Tatwaffe des Terroranschlags: Sturmgewehr Zastrava M 70.