WIFO-Chef zu Russland-Sanktionen: Putin mehr genutzt als geschadet
In einem bemerkenswerten Interview bestätigte der Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO), Gabriel Felbermayr, was Kritiker der Sanktionen gegen Russland stets behauptet hatten: Moskaus Wirtschaft hat Ausfälle mehr als kompensiert, neue Handelsbeziehungen zu China, Indien und der Türkei ließen die Bilanz sogar positiv erscheinen. Die Strafmaßnahmen haben Präsident Wladimir Putin mehr genutzt als geschadet.
“Russland hat die Strafmaßnahmen klug gekontert”, sagte Felbermayr im Interview mit dem “Spiegel”. Der WIFO-Chef aus Wien zog eine wirtschaftlich ernüchternde Bilanz zu den Sanktionen, ohne diese jedoch per se in Frage zu stellen. Felbermayr gehört zu einer Gruppe von Forschern, von denen die Sanktionen seit der russischen Besetzung der Krim (2014) untersucht werden. In der aktuell vierten Auflage der Ergebnisse, werden die Strafmaßnahmen seit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine (2022) beleuchtet. Die Experten kommen zu dem Schluss, dass die Maßnahmen Wladimir Putin nicht geschadet, sondern im Gegenteil sogar genutzt hätten.
Das hat gute Gründe: Der Handel von Russland mit den Sanktionsländern sei im Vergleich mit den Nicht-Sanktionsländern nur um 24 Prozent zurückgegangen. Was auch der unterschiedlichen Anwendung der Sanktionen gelegen habe. So hätten beispielsweise die USA und Kanada strengstens exekutiert, während Großbritannien oder Japan eher wegschauten.
Auch EU-Länder torpedieren Sanktionen
Diese Uneinheitlichkeit existiere auch innerhalb der EU. So würden Schweden, Tschechien oder Polen die Strafmaßnahmen strengstens durchsetzen, währen Litauen, Estland oder Malta einen weichen Kurs fahren.
Das Entscheidende aber laut Studie: Russland ist es nicht nur gelungen, die Verluste im Handel mit den Sanktionsländern zu kompensieren, sondern durch einen intensivierten Handel mit China (plus 40%), Indien (plus 140%) und der Türkei (plus 23%) sogar einen Nettogewinn zu erzielen. Hinzu kommt: Trotz aller Hemmnisse gelangen auch weiterhin westliche Güter nach Russland und sei es über Umwege wie Armenien, Kasachstan oder Kirgistan.
Sind die Sanktionen aus Sicht Felbermayrs also gescheitert? “Das würde ich nicht sagen”, so der WIFO-Chef im Interview. Aber: Die Entwicklung der vergangenen zwei Jahre zeige, “dass man sich von Sanktionen nicht zu viel versprechen darf”. Sie seien eher “eine symbolhafte Waffe”. “Es sieht nicht so aus” als wäre es gelungen, Moskaus Kriegsfähigkeit einzuschränken.
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