Das Verbot des Kreml-treuen Propagandasenders Russia Today (RT) lässt die Wogen hochgehen. Im eXXpress-Forum stößt es großteils auf Ablehnung. “Es scheint gute und schlechte Zensur zu geben”, meint Leser sarkastisch. “In einer Demokratie sollte man alle Quellen anhören”, schreibt ein anderer.

Zwölf EU-Abgeordnete der SPD stimmten gegen Verbot

Fakt ist: RT wird aus dem Angebot heimischer Netzanbieter verschwinden, denn gemäß dem Verfassungsausschuss des Parlaments ist er ein “Instrument der Kriegsführung”. Deutschland war Österreich mit dieser Entscheidung bereits vorausgegangen, beide Länder beteiligen sich damit am Sanktionsregimes der Europäischen Union.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte am 27. Februar angekündigt, Russlands “giftige und schädliche Desinformationen in Europa” zu verbieten. Doch ganz so einig ist man sich in Brüssel in der Frage nicht. Zwölf Europaabgeordnete der SPD hatten gegen das Verbot gestimmt, drei enthielten sich einer Stimme.

Ursula von der Leyen will "giftige und schädliche Desinformationen in Europa verbieten".Getty

Freie Gesellschaft muss Putin-Propaganda aushalten

Die sozialdemokratische Europaabgeordnete Petra Kammerevert hält “Verbote in einer liberalen Medienwelt, in der wir in Europa zum Glück leben, immer für die schlechteste Variante”, wie sie gegenüber FOCUS Online unterstreicht. Sie ist nicht die einzige. Auch unter Journalisten und Wissenschaftlern regt sich Kritik an der Entscheidung.

“Warum will man die russischen Sender RT und Sputnik verbieten?”, fragt der Journalist Karl-Peter Schwarz in der “Presse”. “Klar, die machen genauso Propaganda wie die Putin-Apologeten in den sozialen Medien. Aber eine freie Gesellschaft muss das aushalten können. Nur wer zu seinen Werten steht, ist glaubwürdig.”

Ähnlich sieht das eXXpress-Kolumnist Christian Ortner:

"Es ist besser, Propaganda zu hören, als sie zu verbannen"

Der britische Medienexperte Stephen Hutching, Professor für Russischstudien an der Universität in Manchester, sprach sich ebenfalls schon im Vorfeld gegen den Beschluss der EU aus: “Das Verbot scheint mir eher eine symbolische Geste zu sein”, zitiert ihn der “Standard”. Ein Verbot des RT-Fernsehprogramms würde ja nichts daran ändern, dass RT nach wie vor online und via Social Media zugänglich ist.

Im Übrigen bestärke man damit ja nur den russischen Narrativ, wonach westliche Medien manches bewusst ausblenden wollen. Hutching sieht in RT ebenfalls ein Instrument der Desinformation, aber: “Es ist besser, die Propaganda oder Desinformation zu hören, als sie zu verstecken und zu verbannen.” Man könnte ihr ja auch kontern. “Wir sollten keine Angst vor RT haben.”

Kontraproduktive Folgen für die russische Bevölkerung

Russland dürfte auf das Aus für das TV-Programm von RT mit seinen Zensurmaßnahmen reagieren. Schon jetzt ist Moskau nicht gerade zimperlich mit Zensur. Das Wort “Krieg” darf man im Zusammenhang mit der Ukraine nicht in den Mund nehmen. Wer vermeintlich falsche Nachrichten über den Ukraine-Krieg verbreitet, dem drohen bis zu 15 Jahre Haft. Wenn künftig auch westliche Sender als Reaktion auch in Russland gesperrt werden, die dann nicht mehr vor Ort berichten könnten – auch zum Schaden für die russische Bevölkerung.

In dieselbe Kerbe schlägt Christian Mihr, der Geschäftsführer von “Reporter ohne Grenzen”. Er hält die Entscheidung der EU für einen Fehler. Auch er sieht in RT und ebenso in Sputnik “ein zentrales Element der Putinschen Propaganda”, doch langfristig würden “die negativen Auswirkungen eines solchen Verbots auf die Berichterstattung aus Russland schwerer wiegen”. Der Einfluss der russischen Staatsmedien auf die Meinungsbildung in Europa sei begrenzt, “die zu erwartenden russischen Gegenmaßnahmen allerdings könnten eine unabhängige Berichterstattung aus Russland erschweren oder sogar unmöglich machen.”

Einige Leser-Reaktionen: