Dank dem EU-Corona-Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“ schwimmt Rom bereits im Geld. Doch anstatt mit der bereits erhaltenen Rekordsumme von 190 Milliarden Euro alle geplanten Projekte – vor allem im Infrastruktur-Bereich – zu verwirklichen, schmiedet Italiens Infrastruktur-Minister Matteo Salvini bereits neue Pläne. Seine Vorhaben sind allerdings noch nicht annähernd ausfinanziert und sollen auch nicht allein mit italienischen Steuergeldern gestemmt werden. Erste Zusagen aus Brüssel hat sich der gewiefte Politiker dafür bereits geholt.

Die „Straße von Messina“ – eine ewig unvollendete Idee

Es geht um die „Straße von Messina“: eine 3,7 Kilometer lange Brücke, die Sizilien mit dem Festland verbindet. Die Idee ist uralt. Schon Ferdinand II. (1810 bis 1859), Herrscher beider Sizilien, soll Architekten mit ihrem Bau beauftragt haben. Die Umsetzung scheiterte damals – und seither immer wieder – an den zu hohen Kosten. Allein die anhaltende Debatte über Sinn und Unsinn der Brücken-Konstruktion hat in Italien in den vergangenen 40 Jahren rund 1,2 Milliarden Euro verschlungen, berichtet die „Welt“.

Als Innenminister sorgte Salvini regelmäßig für Schlagzeilen. Sein neues Zuständigkeitsgebiet Infrastruktur ist eher trocken. Nun sucht er Vorzeigeprojekte.APA/AFP/Attila KISBENEDEK

Salvini startet nun den nächsten Versuch, und konnte sich bereits Anfang Dezember von EU-Transportkommissarin Adina Valean eine Finanzierungszusage entlocken. Im Falle eines Projektvorschlags Italiens werde die EU die erste Phase der Durchführbarkeitsprüfung finanzieren. Es ist nämlich auch ein Ziel der EU-Kommission, Sizilien näher an das europäische Festland zu binden.

Es fehlen noch 400 Kilometer Eisenbahn

Einmal mehr müssten Steuerzahler in ganz Europa einspringen, damit das hochverschuldete Italien die Projekte seiner Politiker verwirklichen kann. Dabei klingt manches zurzeit eher nach einem Luftschloss: Palermo könnte dann mit dem Zug an Berlin und Amsterdam angebunden sein, meint Salvini. Alles schön gut und recht. Das Problem ist nur: Die Hochgeschwindigkeitsverbindung endet im 50 Kilometer südlich von Neapel befindlichen Salerno. Nach Reggio Calabria, wo die Brücke nach Sizilien liegen soll, fehlen immer noch satte 400 Kilometer. Darüber hinaus ist Siziliens Infrastruktur veraltet und unvollständige .

Reggio Calabria: Von dieser Stadt an der Südspitzen der italienischen Halbinsel soll die Brücke nach Sizilien führen.Fabrizio Villa/Getty Images

Diese Löcher sollen nun mit den Geldern aus dem EU-Corona-Wiederaufbaufonds gestopft werden. Doch schon dort gerät Italien bei der Umsetzung in Schwierigkeiten. Heuer hätte Italien bereits 29,4 Milliarden Euro aus dem Fonds ausgeben sollen. Das Land schaffte gerade einmal 14,4 Milliarden Euro – nicht einmal die Hälfte, und das nicht zum ersten Mal: Die italienische Verwaltung hat schon öfters dafür gesorgt, dass Projekte nicht fristgerecht verwirklicht werden.

Üppige Corona-Gelder werfen bereits Fragen auf

Darüber hinaus zeigt sich beim Corona-Fonds, was Kritiker schon zu Beginn kritisiert haben: Er hat näher besehen kaum etwas mit Corona zu tun. Die Pandemie wurde nur zum Aufhänger um die EU ein Stückchen weit in Richtung Schuldenunion zu treiben, wie mehrere Beobachter heute sagen.

Ärgerlich ist das alles für die europäischen Steuerzahler. Sie müssen dafür aufkommen, und nun womöglich auch für ein weiteres Zukunftsprojekt, das schon in der Vergangenheit nicht ohne Grund gescheitert ist. Der Ökonom Tito Boeri von der Mailänder Universität Bocconi seine Wiederbelebung für wenig sinnvoll. „Das Projekt ist ein Versprechen, das sich in Wählerstimmen auszahlt. Doch es gibt viele Studien, die belegen, dass die Kosten-Nutzen-Analyse negativ ausfällt“, sagt er gegenüber der „Welt“.