Die deutsche Wirtschaft ist wegen sinkender Konsumausgaben der inflationsgeplagten Verbraucher nun doch in eine Rezession abgerutscht. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte von Jänner bis März um 0,3 Prozent zum Vorquartal und damit das zweite Vierteljahr in Folge, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Es revidierte damit seine ursprüngliche Schätzung von Ende April, die noch eine Stagnation ergeben hatte.

Bei zwei Minus-Quartalen in Folge wird von einer technischen Rezession gesprochen. Im vierten Quartal 2022 war die Wirtschaftsleistung um 0,5 Prozent gesunken.

Hohe Inflation, schrumpfender Konsum

Ausgebremst wurde die deutsche Konjunktur vom schrumpfenden privaten Konsum. Dieser sank im ersten Quartal um 1,2 Prozent. Ein Grund dafür dürften die Kaufkraftverluste der Verbraucher infolge der hohen Inflation sein. Auch das Staatskonsum gab nach, und zwar um 4,9 Prozent. Positive Impulse kamen dagegen von den Investitionen, die um 3,9 Prozent wuchsen. Auch der Außenhandel stützte die Konjunktur.

Eigentlich wäre jetzt der deutsche Wirtschafts- und Klimaschutz-Minister gefordert: Robert Habeck (Grüne).APA/AFP/Odd ANDERSEN

Dramatische Entwicklung für deutsche Industrie

Doch es geht nicht nur um Zehntel-Prozentpunkte des BIP. Die dramatische Lage der deutschen Industrie und die schlechten Aussichten für den Sommer geben vor allem Anlass zur Sorge. Bei der deutschen Industrie blieb die Produktion im März um 3,4 Prozent unter dem Februar. Die Auftragseingänge brachen im Vergleich zum Vorjahr um 10,7 Prozent ein. Baugenehmigungen lagen im März um 30 Prozent unter dem Vorjahr. Deutsche Firmen exportierten im April 5,7 Prozent weniger in Nicht-EU-Staaten. Das China-Geschäft schrumpfte um fast zehn Prozent.

Das Ifo-Geschäftsklima sank im Mai deutlich von 93,4 auf 91,7 Punkte. „Die deutsche Wirtschaft blickt mit Sorge auf den Sommer“, erklärte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Konjunkturerwartungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), die sich auf Befragungen von Finanzexperten stützen, fielen um 14,8 Punkte auf minus 10,7 Punkte. „Ein Grund für den Rückgang ist die Erwartung einer noch stärkeren Anhebung der Zinsen durch die EZB“, kommentierte ZEW-Präsident Achim Wambach.

Ampel-Koalition hofft auf leichtes Wachstum

Ein kräftiger Aufschwung ist vorerst nicht in Sicht. Die Bundesbank rechnet im Frühjahr zumindest mit einem leichten Wachstum. “Im zweiten Quartal 2023 dürfte die Wirtschaftsleistung wieder leicht ansteigen”, heißt es im aktuellen Monatsbericht. Nachlassende Lieferengpässe, hohe Auftragspolster und die gesunkenen Energiepreise dürften für eine Erholung in der Industrie sorgen. “Dies dürfte auch die Exporte stützen, zumal die globale Konjunktur wieder etwas Tritt gefasst hat”, erwartet die Deutsche Bundesbank.

Die deutsche Bundesregierung rechnet in diesem Jahr mit einem BIP-Wachstum von 0,4 Prozent. 2024 soll es dann zu einem kräftigeren Anstieg von 1,6 Prozent reichen. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr hatte es ein Wachstum von 1,8 Prozent gegeben.