„Rund zwei Drittel der russischen Erdölexporte gehen nach Europa. Selbst wenn die komplett wegbrechen, kommt der russische Haushalt immer noch gut weg“, sagt Rolf Langhammer, Außenhandelsexperte beim Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) in der „Welt“. „Der hohe Weltmarktpreis von derzeit 100 Euro und andere Abnehmer wie China kompensieren teilweise die Ausfälle und es ist nicht absehbar, dass der Öl-Preis sinken wird.“

Weiteres Ansteigen des Ölpreises erwartet

Andere Ökonomen erwarten, dass das EU-Ölembargo die Öl-Preise zumindest in den kommenden Monaten weiter in die Höhe treibt. Nachdem von der Leyen die Sanktionspläne angekündigt hatte, stieg der Ölpreis bereits. Nur der drohende Crash in China verhindert aktuell, dass der Ölpreis noch schneller steigt.

Die Lockdowns und die schwierige wirtschaftliche Situation Chinas bremsen das Wachstum des ÖlpreisesGettyimages

Laut „Welt“ schätzt der Internationale Währungsfonds, dass Russland einen Ölpreis von zehn bis 15 Dollar pro Barrel braucht, um die laufenden Produktionskosten zu decken. Berücksichtigt man auch Investitionen, sind langfristig 40 bis 60 Euro pro Barrel nötig. Der aktuelle Ölpreis von rund 100 Dollar liegt weit darüber.

Putin könnte profitieren

„Heute anzukündigen, dass es in sechs oder acht Monaten ein Embargo geben wird, schafft eine paradoxe Situation“, sagt Guntram Wolff, der Leiter der Brüsseler Denkfabrik Bruegel. „Das signalisiert allen, jetzt so viel Öl wie möglich zu kaufen und bereit zu sein, dafür einen hohen Preis zu zahlen, weil es in sechs Monaten nichts mehr geben könnte.“ Das Fazit des Spitzenökonomen: „Die nächsten sechs Monate klingelt die Kasse in Russland. Russland wird dadurch sehr viele Einnahmen schaffen.“

Ökonomen warnen vor Öl-Embargos gegen Putin - sind Zölle die bessere Lösung?

Zölle statt Embargo

Wolff und andere hatten vorgeschlagen, kein Embargo zu verhängen und stattdessen sofort einen Zoll auf russisches Öl und Gas zu erheben. Aus Sicht der Volkswirte könnte damit ein großer Teil der Gewinne der russischen Lieferanten abgeschöpft werden und die EU-Länder könnten die Einnahmen nutzen, um Verbraucher und Unternehmen für die hohen Energiepreise zu kompensieren.