“Es war dann so, dass mir die Beamten, wie ich später wusste, zwei Tage davor (vor der Festnahme, Anm.) auffielen – schlicht und ergreifend aufgrund ihres Gehabes”, prahlte Julian H., der frühere Sicherheitssöldner mit besten Kontakten zum Bundeskriminalamt, vor den Abgeordneten im Ibiza-Untersuchungsausschuss. Bei seinem Auftritt vor den Parlamentariern, bei dem ihm als Vertrauensperson der “Falter”-Anwalt Alfred Noll zur Seite stand, berichtete dann der Haupttatverdächtige der Ibiza-Causa detailliert von seiner Verhaftung in Berlin am 10. Dezember des Vorjahres: “Nun, die Festnahme erfolgte durch die europäische Spezialeinheit ENFAST, der Ableger davon ist das BKA Wiesbaden.”

Die Spezialisten der ENFAST – “European Networks of Fugitive Active Search Teams” – sind für das Aufspüren der meistgesuchten Verbrecher Europas im Einsatz. H. verriet dann Hochinteressantes über seine Infos zu dieser Europol-Truppe: “Mir war die Involvierung von ENFAST seit der Durchsuchung in Frankreich bekannt, weswegen mich auch die Verhaftung nicht sonderlich überrascht hat.” Keiner der Parlamentarier hakte in diesem Moment nach, woher der wegen zahlreicher mutmaßlicher Drogendelikte jetzt in Wien in U-Haft sitzende H. diese Infos hatte – sie können nur von einem Insider der Behörde gekommen sein.

Schon im Jahr 2014 hatte die Kripo derartige Fahndungsfotos von H. in ihrer EDV

Fahndungsteam fiel Julian H. "zwei Tage vor Festnahme auf"

Der Ibiza-“Detektiv”, der nie Detektiv, sondern nur Chef einer Security-Firma war, macht sich dann im U-Ausschuss über die ENFAST-Einheit lustig, die ihn verhaftet hat: “Niemand fotografiert in der Nacht Türschilder, niemand stellt sich bei minus 8 Grad an die Ecke und niemand sitzt 20 Minuten lang in einem weißen Kastenwagen in einem Industriegebiet ohne laufenden Motor. Mir war schon klar, dass jemand an mir dran war.”

Aufgrund dieser Beobachtungen hätte H. bereits sein Mobiltelefon entsorgt und ein “brandneues Handy” bei der Verhaftung bei sich gehabt, erzählte der U-Häftling im U-Ausschuss. Wiederum fragte kein Parlamentarier nach, warum Julian H. sein Handy entsorgen musste, wenn er ohnehin total unschuldig sei . . .

Und der Haupttatverdächtige im Ibiza-Video-Krimi sagte dann noch über seine Festnahme: “So gesehen habe ich zwar der Verhaftung nicht freudig entgegengeblickt, aber ich habe sie als realistische Option wahrgenommen und akzeptiert.”

Schilderte im U-Ausschuss seine Festnahme: der Ibiza-Haupttatverdächtige H.

Ibiza-Tatverdächtiger Julian H. "glaubt", dass er in Indien zur Schule ging

Besonders beunruhigt hätte Julian H., dass er und seine Anwälte nicht gewusst haben, ob es überhaupt einen europäischen Haftbefehl gegen ihn gebe: “Uns wurde nicht bestätigt, dass es einen Haftbefehl geben würde.” Und als er die Ermittler von ENFAST bemerkt hatte, sei ihm klar gewesen, “dass es, wenn jemand an mir dran ist, jetzt wohl zu spät wäre.” H. meinte offenbar die Fortsetzung seiner Flucht, die ihn durch halb Europa geführt hat.

Für etwas Verwunderung bei den Abgeordneten sorgte übrigens die Antwort des Ibiza-Tatverdächtigen auf die Frage nach seinem beruflichen Werdegang – so meinte Julian H. wörtlich: “Meine Ausbildung ist: Ich war in Österreich, Japan und, ich glaube, Indien in der Schule, wenn Sie so wollen. Danach habe ich mich privat fortgebildet.” Auch diesem Satz folgte keine Nachfrage durch die Parlamentarier – immerhin dürfte H. der wohl einzige Österreicher sein, der “glaubt” in Indien in die Schule gegangen zu sein . . .

Aus den Mitschriften des nicht-öffentlichen Ibiza-U-Ausschusses