Seit zwei Wochen ist die Hafenstadt Odessa im Visier der russischen Armee. Die verbliebenen Einwohner bereiten sich auf das Schlimmste vor. Doch inmitten des Leidens haben der Chor und das Orchester des traditionsreichen Opernhauses der Stadt die Bewohner mit einem Konzert vor den Stadtmauern beglückt – allen Bomben und Schüssen zum Trotz.

Die Musik als Botschafter. Auf die ukrainische Hymne folgt bedeutungsschwerer Opernstoff: der berühmte Gefangenenchor aus Giuseppe Verdis Nabucco, gemeinhin auch Freiheitschor bezeichnet. Immerhin geht es darin um das jüdische Volk, das sich nach Freiheit aus der babylonischen Gefangenschaft sehnt. Der Chor der gefangenen Hebräer beklagt das ferne Heimatland und ruft Gott um Hilfe an. Bis heute ist es der berühmteste aller Verdi-Chöre.

Die Bewohner von Odessa werden diese Aufführung wohl nie vergessen. Die Oper hofft auf eine Flugverbotszone durch die NATO und möchte mit der Darbietung dazu ermutigen.

Reges kulturelles Leben, jüdische Gemeinde

Das heutige Opernhaus von Odessa wurde 1887 eröffnet. Es ist die Stadtkrone von Odessa und eines der Wahrzeichen des ukrainischen Schwarzmeerhafens Odessa.

Das Opernhaus von innenAlex Levitsky & Dmitry Shamatazhi / Wiki Commons

Die russische Armee rückt unterdessen näher. Die Metropole am Schwarzen Meer ist militärisch und ökonomisch von enormer Bedeutung für die Ukraine. Das weiß auch Moskau.

Die Stadt hat auch eine jüdische Gemeinde, und dort ist das Entsetzen groß: Vor dem Krieg lebten noch 5000 Juden in Odessa, zurzeit sollen es um die 500 sein. Die meisten sollen nach Deutschland geflohen sein. In Odessa gibt es zahlreiche jüdische Geschäfte und Restaurants. Vor kurzem herrschte hier noch reges Treiben, ohne Ausgrenzung oder Antisemitismus. Doch seit 16 Tagen will Putin das Land entnazifizieren.