Armut erreicht Rekordniveau – Österreich droht die soziale Balance zu verlieren
Die Wohlstands-Schere in Österreich öffnet sich immer weiter. Während die Wirtschaft stagniert und die Teuerung anhält, wächst die Armut im Land ungebremst. Besonders schlecht ist die Situation in Wien. Zum Internationalen Tag gegen Armut machten zahlreiche Organisationen auf die dramatische Lage aufmerksam – und forderten, dass von der Politik, auf Worte auch endlich Taten folgen.
Laut aktuellen Zahlen der Volkshilfe gelten in Österreich rund 1,5 Millionen Menschen, also etwa 17 Prozent der Bevölkerung, als armutsgefährdet. Besonders betroffen ist die Bundeshauptstadt: In Wien lebt etwa jede fünfte Person in prekären Verhältnissen, rund 400.000 Menschen gelten dort als armutsgefährdet. Am stärksten trifft es Menschen mit AMS-Bezug – bei ihnen ist die Armutsquote am höchsten.
Zudem steigt das Risiko in bestimmten Bevölkerungsgruppen rapide: Alleinerziehende, Menschen mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft sowie junge Erwachsene und Minderjährige sind besonders gefährdet. Fast 150.000 Wiener bezogen im Jahr 2024 Mindestsicherung, mehr als die Hälfte davon stammt nicht aus Österreich.
Staaten mit Prävention haben die geringste Armut
Soziale Sicherungssysteme stehen für die NGOs im Zentrum jeder wirksamen Armutsbekämpfung. Martin Schenk von der Armutskonferenz erklärte: „Staaten, die ihre präventiven Instrumente in Gesundheit, Bildung, Sozialversicherungssysteme und Wohnbau erfolgreich ausrichten, haben die geringste Armut.“
Doch gerade diese Instrumente seien in Österreich unzureichend ausgebaut, mahnt Doris Pettighofer, Geschäftsführerin der Plattform für Alleinerziehende. „Trotz aller Bekenntnisse und Ziele der Entscheidungsträger steigt die Armutsgefährdung bei Familien von Alleinerziehenden seit Jahrzehnten unverhältnismäßig zum Rest der Bevölkerung an,“ so Pettighofer.
Sie plädiert für gezielte Reformen – etwa beim Familienrecht und der Familienbeihilfe –, um Leistungen einfacher und gerechter zugänglich zu machen. Besonders dramatisch: Ein Drittel der Kinder von Alleinerziehenden erhält keinen Unterhalt.
Kinderarmut, das vernachlässigte Problem
Armut betrifft längst nicht nur Erwachsene. Hanna Lichtenberger von der Österreichischen Volkshilfe erinnert daran, dass 21 Prozent der Kinder in Österreich von Armut betroffen sind – mit fatalen Folgen für Gesundheit, Bildung und Zukunftsperspektiven. „Wir machen es Kindern sehr schwierig, sich aus Armut zu befreien,“ so Lichtenberger.
Die jährlichen Kosten der Kinderarmut beziffert sie mit 18 Milliarden Euro. Ihre Forderung: eine flächendeckende Kindergrundsicherung, der Ausbau von Ganztagsschulen mit warmem Mittagessen sowie ein stärkerer Fokus auf die Gesundheitsversorgung, insbesondere für chronisch kranke Kinder.
Wohnungsnot und Energiearmut verschärfen die Lage
Neben der sozialen Ungleichheit wächst auch der Druck am Wohnungsmarkt. Alexander Machatschke, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, berichtet von einem Anstieg der Delogierungen um 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Rund 20.500 Menschen sind in Österreich aktuell ohne festen Wohnsitz. „Leistbares Wohnen ist die zentrale Forderung,“ so Machatschke, der zudem Präventionsprogramme gegen Delogierungen fordert. Klar ist jedoch: Ohne eine wirksame Begrenzung der Migration wird sich die Wohnungsnot nicht in den Griff bekommen lassen. Durch den anhaltend starken Zuzug entsteht ein Nachfrageüberhang nach Wohnraum.
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