Monatelang kreiste das MotorAi-Testfahrzeug auf dem alten, stillgelegten Flughafengelände in Berlin. Umgeben von Sensorboxen, Kameras, Radar- und Lidar-Systemen, wurden dort reale Verkehrssituationen simuliert. Ob kreuzende Fußgängerattrappen, heranfahrende Autos oder komplexe Kreisverkehrsmanöver. Das System bestand bislang alle Prüfungen. Nun erteilte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) die Genehmigung für den Testbetrieb auf öffentlichen Straßen.

KI nach dem Vorbild des Gehirns

Das Besondere an MotorAi ist der algorithmische Ansatz: Anstelle klassischer Regelwerke setzt das Team auf sogenannte Aktive Inferenz: Eine Methode, die auf dem Modell des menschlichen Gehirns basiert. Diese Form der Künstlichen Intelligenz verarbeitet Sensorinformationen in Echtzeit, erstellt Vorhersagen über das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer und generiert daraus optimale Entscheidungen für das eigene Fahrverhalten. Die theoretischen Grundlagen liefert der britische Neurowissenschaftler Karl Friston, dessen Modell kognitive Prozesse wie Vorhersagen und Fehlerkorrekturen nachbildet.

Deutsche Technik gegen internationale Konkurrenz

Knapp 100 Mitarbeiter arbeiten bei MotorAi, viele davon mit akademischem Hintergrund in Informatik und Neurowissenschaft. Die eigens entwickelten Systeme verarbeiten Sensorinformationen auch unter schwierigen Sichtbedingungen – ein Vorteil gegenüber kamerabasierten Lösungen wie bei Tesla. Aus den gesammelten Daten wird eine dynamische 3D-Karte erzeugt, die Bewegungsmuster vorhersagt und passende Reaktionen auslöst.

Während VW aktuell ID-Busse mit MobilEye-Technologie in Hamburg testet, geht MotorAi bewusst einen eigenen Weg. Seit der Gründung 2013 verfolgt das Unternehmen seine Vision unabhängig von der klassischen Automobilindustrie.