Während Österreichs Wirtschaft schwächelt, gönnt sich die Wirtschaftskammer eine kräftige Lohnsteigerung. Um 4,2 Prozent steigen die Gehälter der Kammermitarbeiter – und das in einem Jahr, in dem das Wirtschaftswachstum bei nur 0,3 Prozent liegt und die Inflation 3,5 Prozent beträgt.

Die Begründung: eine interne „Faktorerhöhung“, die sich an den Kollektivvertragsabschlüssen des Vorjahres orientiere. Damals lagen die Erhöhungen zwischen 5,4 und 9,2 Prozent. Dass die Lage heute eine andere ist, scheint die Verantwortlichen wenig zu kümmern.

Politik und Wirtschaft reagieren empört

FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch nennt den Schritt einen „Schlag ins Gesicht für jeden heimischen Unternehmer“. NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos meint, die Kammer habe „jegliches Maß und jede Bodenhaftung verloren“. Und Grünen-Wirtschaftssprecherin Elisabeth Götze wirft der WKO vor, „eher wie ein Selbstbedienungsladen“ zu agieren als wie eine Vertretung der Betriebe.

Auch IV-Wien-Präsident Christian Pochtler warnt: Die Entscheidung sende „ein fatales Signal für alle kommenden Lohnverhandlungen“.

Anm.: Bei gestaffelten oder Mehrjahres-Abschlüssen wurde der Durchschnitt herangezogen; bei der Arbeiterkammer der Lohnabschluss für neue Dienstverträge.Selektiv /Download

WKO verteidigt – und verweist auf den Vergleich

Aus der Wirtschaftskammer heißt es, die Anpassung bilde „die Realität der Mitgliedsunternehmen bestmöglich ab“. Man orientiere sich an den hohen Abschlüssen des Vorjahres – und im langjährigen Vergleich falle die Steigerung „deutlich niedriger als in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Dienst“ aus. Die Kammer betont außerdem, dass die Erhöhung „zeitverzögert“ erfolge – weshalb sie nun besonders ins Gewicht falle.

Lob von unerwarteter Seite

Unterstützung kommt ausgerechnet von der Gewerkschaft vida. Vorsitzender Roman Hebenstreit spricht von einem „wichtigen Signal gegen den Kaufkraftverlust“ und lobt ausdrücklich das „Umdenken der Wirtschaftskammer und ihres Präsidenten“.

Ein Lob, das man in der Kammer wohl kaum als Kompliment verstehen sollte – denn wenn selbst die Gewerkschaft applaudiert, sollte das der Wirtschaftskammer zu denken geben.