Andreas Tögel: Der Geist, der stets verneint - über das Wesen linker Ideologie
Ihr im Gefolge der „68er-Revolution“ angetretene Marsch durch die Institutionen war derart erfolgreich, dass die Linken sich heute kaum noch einer ernstzunehmenden Opposition gegenübersehen, findet eXXpress-Kolumnist Andreas Tögel.
Welche Bezeichnungen auch immer sich die politischen Parteien geben mögen, die derzeit im „freien Westen“ den Ton angeben, sie sind, von Ausnahmen wie der britischen UKIP abgesehen, inzwischen ganz und gar sozialdemokratisiert. Kaum eine im 1848 von Marx und Engels publizierten „Manifest der Kommunistischen Partei“ erhobenen Forderungen, ist heute nicht Großteils bereits umgesetzt: Man denke an die progressive Einkommensteuer, die Verstaatlichung von Geld und Kredit mittels Zentralbanken, oder die faktische Kinderverstaatlichung dank allgemeiner Schulpflicht. Die Abschaffung des Erbrechts ist die letzte noch offene Baustelle, an der aber bereits emsig gewerkt wird (siehe: Progressive Erbschaftssteuer).
Fukuyama beschwor das "Ende der Geschichte"
Nach dem 1989 erfolgten Zusammenbruch der Sowjetunion, meinten nicht wenige, dass die Welt nun einen totalen Sieg des kapitalistischen Systems über den Sozialismus erlebt hätte. Der US-Politologe Francis Fukuyama beschwor zu dieser Zeit gar das „Ende der Geschichte“. Ein fataler Irrtum!
Denn der Schock der linken westlichen Intelligentsija angesichts des Untergangs des roten Arbeiter-und-Bauern-Paradieses, währte nicht lange. Zwar steht der Gedanke an einen gewaltsamen revolutionären Umsturz, die physische Liquidation des Klassenfeindes und eine Kollektivierung der Produktionsmittel – zumindest derzeit – nicht auf der Agenda der Progressiven. Stattdessen aber setzen sie auf die totale Politisierung und Bürokratisierung der Gesellschaft und transformieren einst freie Unternehmen in verlängerte Werkbänke des Fiskus. Ihren Machiavelli haben sie intus: Teile und herrsche – die Atomisierung der Gesellschaft – ist ihr Credo. Die „Coronapandemie“ hat diesem ungesunden Treiben einen Turbolader verpasst. Ukrainekrieg und galoppierende Inflation spielen anmaßenden Gesellschaftsklempnern weiter in die Hände.
Formal bleibt zwar das Privateigentum an den Produktionsmitteln erhalten, jede wirtschaftliche Freiheit wird indes im Keim erstickt. Freie Vertragsvereinbarungen zwischen Unternehmern und deren Mitarbeitern sind Geschichte. Umfassende Regulative machen aus Betrieben Befehlsempfänger der Bürokratie.
Eine rigorose Meinungskontrolle stellt sicher, dass abseits der von einer selbsternannten linken Dressurelite zugelassenen, täglich enger werdenden Korridore, kaum publiziert werden kann, ohne empfindliche Strafen zu riskieren.
Sozialdemokratismus zur größten Bedrohung der Freiheit in den USA ausgewachsen
Der sowohl von den Demokraten als auch den Republikanern repräsentierte Sozialdemokratismus hat sich, wie der US-Ökonom Murray Rothbard schon in den frühen 1990er-Jahren erkannte, zur größten Bedrohung der Freiheit in den USA ausgewachsen. In Euroland verhält es sich nichts anders.
Doch trotz des nahezu vollständigen Triumphs der Progressiven gab und gibt es auch nach 1989 noch namhafte Denker, die sich dem übermächtigen sozialdemokratischen Mahlstrom widersetzen. Einer dieser großen Geister war der britische Philosoph Sir Roger Scruton (1944 – 2020). In einem nicht lange vor seinem Tod in Oxford gehaltenen Vortrag analysiert der konservative Gelehrte Wesen und Ziele der Linken und nennt Möglichkeiten, sich diesen entgegenzustellen.
“Ich bin der Geist der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles was entsteht
ist werth daß es zu Grunde geht;
Drum besser wär’s daß nichts entstünde.
So ist denn alles was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz das Böse nennt,
Mein eigentliches Element.”
(Mephistopheles in Goethes Faust, erster Teil)
Progressive wollen verändern
Scruton stellt fest, dass das Denken der Linken von einer Kultur der Ablehnung beherrscht wird, die – siehe das Zitat Mephistopheles´ – zum Nihilismus und in den Untergang führt. Jede Tradition, alles Überkommene, jede in Jahrhunderten gewachsene Institution und Struktur muss zerstört werden – insbesondere die Familie, als kleinster staatsfreier Raum. Zeitgenössische Phänomene wie LGBTQ, BLM, Wokeismus, Klimareligion, etc., sind dafür typische Phänomene: Macht kaputt, was euch kaputt macht! Progressive wollen verändern, um der Veränderung willen. Selten nennen sie konkrete Ziele. Wenn doch, dann stets ohne sich um die nötigen Mittel und die entstehenden Kosten zu kümmern.
So fordern sie eine soziale, egalitäre und inklusive Gesellschaft. Wenn es allerdings darum geht, die damit verbundenen Kosten zu schultern, sind sie abgemeldet. Wie viele „Flüchtlinge“ beherbergen und versorgen denn die von ihrer Willkommenskultur trunkenen Fortschrittsapostel auf ihre eigenen Kosten?!
Beschwörung der Wirtschaftskompetenz rettet Konservative nicht
Linke sind in der komfortablen Position, eine bessere Welt zu beschwören, die sie mit den Bedingungen kontrastieren, die den Status quo kennzeichnen. Konservative, die das Gute an den herrschenden Institutionen erhalten wollen, finden sich in einer deutlich schlechteren Lage und werden oft als Bewahrer der Asche kritisiert.
Die Beschwörung ihrer Wirtschaftskompetenz rettet die Konservativen nicht. Scruton fordert sie daher auf, in die Offensive zu gehen, die Linken nicht mit utopischen Phantastereien davonkommen zu lassen, sondern von ihnen die Benennung konkreter Ziele und Kosten-Nutzen-Analysen ihrer Pläne einzufordern. Damit wäre viel gewonnen. Denn wer sich jemals der Qual einer Grundsatzdebatte mit linken Intellektuellen unterzogen hat, weiß, dass ab diesem Moment betretenes Schweigen herrscht.
Schon Karl Marx konnte Zeitlebens nur Utopien, nie aber etwas Handfestes vorlegen und flüchtete sich in den Geschichtsdeterminismus. Dass jedes Vorhaben – gleich welches – mit Kosten (und zwar nicht nur materieller Natur) verbunden ist, wird von den Progressiven bis heute ignoriert. Damit dürfen ihre Gegner sie nicht davonkommen lassen!
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