
Bence Bauer: Europa muss seine Grenzen schützen
Kaum im Amt, stattete der neue deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) Paris und Warschau einen Antrittsbesuch ab. Mit dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk offenbarten sich Meinungsverschiedenheiten in Sachen Migration. Ein Gastbeitrag des ungarischen Polit-Experten Bence Bauer.
Der neue deutsche Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) ordnete die Zurückweisung von Asylsuchenden an den deutschen Außengrenzen an – damit setzte er ein zentrales Wahlversprechen der CDU/CSU um und zog einen Schlussstrich unter die jahrelangen innerdeutschen Diskussionen zu diesem Thema. Die gescheiterte Willkommenspolitik von Angela Merkel verfügte noch 2015 in einer mündlichen (!!!) Anordnung, alle Ankommenden mit einem Asylbegehren unabhängig vom Vorliegen der Asylgründe aufzunehmen. Diese Anordnung nahm Dobrindt jetzt zurück. 2018 war über diese erbittert umstrittene Frage fast schon die Fraktionsgemeinschaft zwischen CDU und CSU zerbrochen.
Was Polen verschweigt: Es hat die Migranten selbst ins Land gelassen
Nunmehr muss Friedrich Merz im europäischen Ausland für diese Asylwende werben. Dabei hat er kein leichtes Spiel. Sowohl Österreich als auch Polen signalisierten schon vor der Bundestagswahl, dass diese Zurückweisungen für sie inakzeptabel seien. Dieser Meinung verlieh nun Donald Tusk lautstark Ausdruck: „Deutschland kann jeden den es will in sein Territorium lassen. Polen lässt nur diejenigen rein, die man selbst akzeptiert.“ Doch was Tusk verschwieg: Deutschland will nur diejenigen nach Polen zurückweisen, die von dort gekommen sind. Auf gut Deutsch: Polen muss sich wirksam um den Schutz seiner eigenen Außengrenzen bemühen.
Deutschlands verzweifelter Versuch, Fehler seit Merkel zu korrigieren
Die Erwartungshaltung nach der gescheiterten Ampel-Regierung war auch in Polen immens. Doch nun offenbart sich, dass in der Frage der illegalen Migration alle Länder ihre eigenen Interessen vertreten (müssen). In dieser harten Wirklichkeit ist auch die neue deutsche Bundesregierung gelandet und auch die Polen müssen damit rechnen, dass sich jetzt die laxe deutsche Migrationspolitik wandelt. Diese Frage kann sich noch zu einem veritablen Zankapfel in der hoffnungsvoll bemühten Belebung der deutsch-polnischen Beziehungen auswachsen. Eigentlich hätten die Polen nichts zu befürchten, schützen sie doch ihre östlichen EU-Außengrenzen effektiv und wiesen in den ersten Monaten des Jahres 2025 mehrere Tausende Illegale ab. Deutschland versucht nun verzweifelt, die jahrelangen Verfehlungen der eigenen (Merkel- und Ampel-) Politik mühselig zu korrigieren.
Keine Konflikte mit Österreich, weil Ungarn seine Grenzen schützt
Zugleich zeigen die Zahlen an den ungarischen Südgrenzen, dass der Druck durch die illegale Migration beständig wächst. Die ungarischen Grenzschützer nahmen in den ersten vier Monaten des Jahres 2025 mehr als 5.000 illegale Migranten fest. Ungarn beweist schon seit 2015 beständig, dass der einzige Weg, illegale Migration zu stoppen, der Schutz der EU-Außengrenzen ist. Diese Politik hat das Land konsequent umgesetzt. Mit dem westlichen Nachbarland Österreich sind daher auch keine Konflikte überliefert, denn dort kommt von Ungarn aus kaum ein illegaler Migrant ins Land – bedingt durch den konsequenten Schutz der ungarischen Schengen-Außengrenze.
Brauchen Debatte über Deutschlands schädliche Willkommenskultur
Illegale Migration lässt sich nur durch rigiden und beharrlichen Außengrenzschutz aufhalten – auch mit massiven polizeilichen Mitteln. Damit kann die Bewegungsfreiheit im Schengenraum aufrechterhalten werden – ein Verdienst, das die Menschen zu Recht als einen großen Erfolg der EU bewerten und das es unbedingt zu bewahren gilt. Dass nun Deutschland den Pendler-, Geschäfts- und Reiseverkehr unbescholtener Bürger behindert, sollte genauso diskutiert werden wie die ansonsten schädliche deutsche Willkommenskultur.
Dr. Bence Bauer ist ein ungarischer Jurist und Politikexperte, der sich auf die deutsch-ungarischen Beziehungen sowie europäische Politik spezialisiert hat. Seit 2020 ist er Direktor des Deutsch-Ungarischen Instituts für Europäische Zusammenarbeit am Mathias Corvinus Collegium (MCC) in Budapest. Im Jänner 2024 veröffentlichte er das Buch „Ungarn ist anders“ bei MCC Press, in dem er die Besonderheiten der ungarischen Politik und Gesellschaft aus konservativer Perspektive beleuchtet.
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