Ein Land, unter dessen Führung die Europäische Union zu einem oberlehrerhaften, besserwisserischen Kontrollmoloch umerzogen wurde, ist nun offensichtlich selbst mit seinem Latein am Ende. Die Wirtschaft geht ins dritte Rezessionsjahr und im Bundestag scheiterte der Bundeskanzler in spe, Friedrich Merz, im ersten Wahlgang kläglich. Pakttreue und Verlässlichkeit scheinen sowohl zwischen als auch innerhalb der Parteien nicht mehr zu bestehen. Heckenschützen aus dem eigenen Lager haben wohl den oft überheblich agierenden Kanzlerkandidaten zumindest im ersten Anlauf abmontiert. Wie das blamable Theater um die Wahl von Friedrich Merz weitergehen wird, war zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Zeilen noch nicht absehbar. Hingegen ist jetzt schon klar, dass Friedrich Merz und seine Kollegen aus den Koalitionsparteien für ihre Ignoranz den eigenen Parteimitgliedern und dem deutschen Volk gegenüber eine Abstrafung hinnehmen mussten, die in CDU und SPD wohl für noch längere Zeit die Stimmung versaut haben dürfte. Der zur Schau gestellte wirtschaftspolitische und militärische Titanismus ist offenbar unter Teilen der Abgeordneten der schwarz-roten Koalition ähnlich schlecht angekommen wie bei der Bevölkerung. Die letzten Umfragen haben jedenfalls gezeigt, dass die CDU sogar hinter die verhasste AfD zurückgefallen ist. Die SPD liegt ohnehin schon seit Jahren abgeschlagen, reduziert auf die Kernwählerschaft, unter ferner liefen.

Merz und Klingbeil in der Umklammerung der „höheren Dummheit“

Der österreichische Literat Robert Musil hat den Begriff der „höheren Dummheit“ geprägt. Er bedeutet, dass Menschen mit mittlerer Bildung das Gespür dafür abhandenkommt, wie weit oder wie wenig weit ihre Urteilskompetenz reicht. Die hochnäsig über die breite Masse hinwegschreitende politische Elite Deutschlands hat sich wohl bei der Beurteilung der Stimmung in ihren Parteien und im Volk gehörig verschätzt. Politisches Großwild gehört nicht zu den sensibelsten Tieren. Wer sich aufführt wie ein trampelhafter Dickhäuter, wird nicht selten aus seinen infantilen Machtfantasien durch eine widerstrebende Wirklichkeit gerissen. Es steht jetzt schon fest, dass Merz, Klingbeil und ihr Anhang nichts aus ihrem Desaster lernen werden. Zu sehr ist die narzisstische Elite in ihrem primitiven Machtdenken verfangen. Die Häuptlinge von isoliert von der Zivilisation lebenden Urwaldstämmen haben im Vergleich zu den Meinungsführern des hoch entwickelten Deutschlands mehr soziale Kompetenz und kommunikative Sensibilität. Wer mit einer Mega-Lüge im Gepäck – Stichwort Schuldenbremse -, die in dieser Form in der Zeit nach 1945 noch nicht da gewesen ist, sich einen reibungslosen Eintritt in die Macht erwartet, dem hat die musilsche „höhere Dummheit“ wohl unlösbar im festen Griff.

Politische Herrschaft im Gutsherrnstil

Alleine, wenn man den Umgang der Damen und Herren von der CDU/CSU und der SPD mit der AfD in Augenschein nimmt, wird man den Eindruck nicht los, dass die Funktionäre dieser Parteien eher der Kultur des kaiserlichen Gottesgnadentums zugeneigt sein dürften als den Prinzipien des modernen Verfassungsstaates. Eine Ikone der ignoranten Missachtung von Recht, Gesetz und Transparenz ist die deutsche Innenministerin Nancy Faeser, zum Glück nun zurückgestuft zur normalen Bundestagsabgeordneten. Das Verbot und die Enteignung des Magazins Compact, gegen jeden kompetenten Rechtssinn durchgeführt, endete naturgemäß im Desaster. Die beschlagnahmten Betriebsmittel mussten zurückgegeben werden, das Verbot des Mediums wurde aufgehoben, zum Glück darf es wieder erscheinen. Genauso wird die beispiellose Verfolgung der mittlerweile wählerstärksten deutschen Partei, der AfD, zum Rohrkrepierer werden. Sie mobilisiert mehr Wähler als sie demobilisiert. Wenn ein weisungsgebundenes Amt für Verfassungsschutz, das unter der absoluten Kontrolle der Innenministerin steht, auf Basis eines Geheimgutachtens feststellen darf, dass eine demokratische Partei „gesichert rechtsextrem“ ist, kann man nicht mehr davon ausgehen, in einer liberalen Demokratie zu leben, in der das von der Verfassung geschützte Recht auf Transparenz und Meinungsfreiheit herrscht. Vielmehr ist man an die DDR erinnert, in der das Politbüro der SED eine verlogene Terrorherrschaft ausübte, im Rahmen derer jede Entscheidung automatisch rechtens war, die der Machterhaltung des linksfaschistischen Molochs diente. Was wirklich hinter Faesers Aktion steckt, ist – wie meist beim Handeln von totalitären Mächten – klar. Es geht um die Ausschaltung eines Gegners, dem man im politischen Diskurs nicht gewachsen ist. Wenn eine Partei der roten geistigen Schrumpfpygmäen einer Zukunftspartei wie der AfD nicht Herr wird, dann wird Recht und Gesetz so lange gebogen, bis es zum vulgären Vernichtungsinstrument taugt. Übrigens klassifiziert auch die CSU die AfD längst nicht mehr als politischen Gegner. Für Söder ist sie „der Feind“. Ganz wie der Jurist, der den Führer lobte, Carl Schmitt, der auch dem reduktionistischen Verständnis anhing, dass die gesamte Politik nach dem kriegerischen Freund-Feind-Schema funktionieren würde. Wir wissen ja, dass im Krieg und in der Liebe alle Mittel erlaubt sind. Deswegen ist es aus der Sicht der CSU offenbar völlig normal, das Gesetz so lange zu biegen und zu beugen, bis es dem Zweck der eigenen Machterhaltung dienlich ist. Zu der Art von Politik, die gegenwärtig in Deutschland betrieben wird, geht einem immer häufiger das Bild des Gutsherrn aus dem 19. Jahrhundert durch den Kopf, der, während er seine Bauern niedermacht, zur Unterstreichung seines erbarmungslosen Willens im militärischen Takt mit der Reitgerte gegen seinen gewichsten Stiefel schlägt.

Postmoderner Neofeudalismus vom Feinsten

2017 wurde in Deutschland die Majestätsbeleidigung abgeschafft, 2021 die sogenannte „Beleidigung von Politikern“ wieder eingeführt. Politiker werden damit juristisch in den Rang des Adels erhoben. Sie können Schutzrechte beanspruchen, die anderen öffentlichen Personen und normalen Menschen nicht zukommen. Die Politiker als das wertvollste menschliche Gut, das der demokratische Rechtsstaat kennt. Irre! Kaum war das Gesetz beschlossen, schickten Habeck & Co ihre Schergen, staatlich finanzierte NGOs los, um Bürger zu denunzieren. Alleine 800 Anzeigen gingen dabei auf das Konto des Wirtschaftsministers, der die deutsche Wirtschaft ruiniert hat. Fatal ist die Ähnlichkeit dieses Gesetzes mit dem Heimtückegesetz, das im Nazi-Deutschland 1934 erlassen wurde. Laut diesem waren im NS-Staat hetzerische und spöttische Bemerkungen über den Staat, die NSDAP und führende Politiker verboten und wurden verfolgt. Offenbar kehrt der Totalitarismus der Vergangenheit unaufhaltsam immer wieder zurück, selbst wenn die heilige, im Herzen reine Linke an der Macht ist. Gerade eröffnet sich für die informellen Mitarbeiter des Staates, die NGOs, ein neues Handlungsfeld, die Ausforschung von AfD-Mitgliedern, die im Staatsdienst tätig sind. Denn wie einst in der Zeit des Berufsverbotes für Mitglieder der deutschen kommunistischen Partei, werden wohl bald Lehrer, Ärzte, Polizeibeamte, Bundeswehroffiziere oder Universitätsmitarbeiter vom Staat auf die Straße gesetzt werden, die Funktionäre der AfD sind oder Sympathie für ihr Gedankengut öffentlich erkennen lassen. Seit der Einschätzung der AfD als „gesichert rechtsextrem“, wird das nach Auffassung einiger Innenminister der deutschen Bundesländer, möglich sein. Halali, die Jagd wird bald beginnen, heißt das wohl.

Ich bin gerade von einem mehrtägigen Aufenthalt aus Deutschland in Wien angekommen. Die Stimmung in Deutschland ist gedrückt und bekümmert. Gesprochen wird über Politik eher flüsternd als laut hinter vorgehaltener Hand. Weil viele den Eindruck haben, dass überall Kontrolle und Überwachung lauern. Die Angst vor den Beobachtungsstellen der NGOs geht um. Ein alter Mann, fast neunzig Jahre alt, fürchtet sich vor der Müllabfuhr. Angeblich durchleuchtet diese die Mülleimer. Wer etwas Falsches in die Restmülltonne wirft, der wird bestraft, so sagt er. Die Müllentsorgung ist für den Alten zu einem angstbesetzten Thema geworden. Man ist froh, wenn man wieder ins Flugzeug steigt und ein solches Land verlassen kann. Es fällt dann der Druck von einem ab, der gegenwärtig auf der deutschen Bevölkerung lastet. Hebt das Flugzeug ab, atmet man tief durch und fühlt sich befreit.