
Die Krux mit der Europäischen Menschenrechts-Konvention
Neun Staaten fordern nun die Überarbeitung der Europäischen Menschenrechtskonvention, um endlich kriminelle Ausländer ausweisen zu können. Ein Schritt, der schon lange überfällig ist. Europas Nicht-Handeln in dieser Frage stellt mitunter das größte Versagen der EU der letzten Jahre dar.
Es ist ein leidiges Thema, das uns schon die ein oder andere öffentliche Diskussion in den letzten Jahren beschert hat. Die aktuelle Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hindert EU-Staaten daran, straffällig gewordene Ausländer abzuschieben.
Das ist mitunter eines der größten Probleme, das man innerhalb des ohnehin bereits desolaten europäischen Asylsystems feststellen kann. Der politische Druck, hier endlich eine Veränderung zu schaffen, ist nun so groß, dass Dänemark, Italien, Polen, Belgien, Österreich, Tschechien, Estland, Lettland und Litauen ein Schreiben unterzeichnet haben, in dem sie die Überprüfung der EMRK fordern.
Die EMRK ist aus der Zeit gefallen
Man würde meinen, dass das eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein müsste. Denn dass es hier ein europäisches Regelwerk gibt, das EU-Staaten dazu zwingt, selbst schwere Gewalttaten hinzunehmen und ihnen keine Handhabe gibt, die Täter des Landes zu verweisen, ist nicht nur unverständlich – es ist in höchstem Maße unverantwortlich.
Wenn man es besonders nachsichtig formulieren möchte, könnte man sagen, dass die EMRK einfach nicht an die Realität der Gegenwart angepasst ist und in einer Zeit formuliert wurde, wo Europa noch nicht mit derartigen Migrationsströmen und ihren Folgen konfrontiert war. Doch sieht man sich die europäische Realität heute an und die Zahl an Delikten, die jeden Tag von Asylwerbern in ganz Europa verübt werden, dann sieht man, wie ernst die Lage mittlerweile ist.
Die erschreckende Liste reicht da von Drogendelikten bis hin zu Vergewaltigungen, sexuellen Übergriffen und Morden. Alles Dinge, die ein Rechtsstaat keinesfalls dulden darf und wo jeder Anspruch auf Schutz in unserer Gesellschaft für diese Täter selbstverständlich verpufft. Die EMRK ist eindeutig aus der Zeit gefallen.
Stabilität Europas wird untergraben
Doch genauso aus der Zeit gefallen, scheinen manche Reaktionen politischer Verantwortlicher auf diesen Vorstoß der neun Mitgliedsländer. Die Kritik des Europarates an dem Schreiben ließ nicht lange auf sich warten. Generalsekretär Alain Berset sprach sogar davon, dass die Justiz nicht unter politischen Druck fallen dürfe, was mit einer Anpassung der EMRK seiner Meinung nach der Fall wäre.
Weiters würde man damit die Stabilität in Europa untergraben. Welch Hohn solche Aussagen doch sind. Was ist mit der Gefahr für das friedliche Zusammenleben und die Stabilität innerhalb Europas, wenn wir uns solcher Probleme nicht annehmen können? Wie kommen denn die Bürger Europas dazu, diese völlig verfehlte Auslegung einfach schulterzuckend hinzunehmen?
Ist es nicht Aufgabe genau solcher europäischen Institutionen etwaige Regelwerke und Rahmenbedingungen an die Herausforderungen der Zeit anzupassen und nachzuschärfen? Wieso sollten wir alles beim Alten lassen, wo wir hier doch einen eklatanten Missstand wahrnehmen?
Praxistest für unser Zusammenleben
In einem Podcast verteidigte die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel jüngst ihre Entscheidung, 2015 die Grenzen während des Flüchtlingsstromes offen zu lassen, mit dem Hinweis darauf, dass es ein „Praxistest für unsere europäischen Werte“ gewesen sei.
Hätte Europa diese Menschen damals nicht aufgenommen, hätten wir damit angeblich Verrat an dem begangen, was uns in Europa ausmachen würde. Doch zehn Jahre später müssen wir hier deutlich festhalten: In Europa macht uns das Streben nach einem friedlichen Zusammenleben aus. In Europa macht uns die Gleichberechtigung von Mann und Frau aus. In Europa macht uns vor allem der Glauben an die Demokratie aus.
Doch der „Praxistest“ der letzten Jahre hat uns gezeigt, dass viele der Menschen – natürlich nicht alle – die zu uns nach Europa gekommen sind, genau diese europäischen Werte mit Füßen treten und für unser Europa und seine Errungenschaften eigentlich nichts außer Verachtung übrig haben.
Europa droht an der Frage der Migration zu zerbrechen
Sie nutzen zwar gerne die sozialen Netze, die ihnen die Systeme hier bieten. Doch etwas beitragen, das wollen viele dann nicht. Im Gegenteil – manche von ihnen beteiligen sich lieber aktiv an der Zerstörung dessen. Und um dem etwas entgegenzusetzen, daran hindert uns leider in vielen Fällen die EMRK.
Während Europa sich also in diesen Tagen weiter um die Auslegung eines veralteten Regelwerks streitet, vermeldet Italien, dass in den letzten zwei Monaten 13.000 illegale Migranten über die Mittelmeerroute eingereist seien. Viel anschaulicher könnte man nicht beschreiben, wie sehr Europa und seine Institutionen in Sachen Migration tagtäglich am Scheideweg stehen.
Doch nach wie vor scheinen manche davor die Augen zu verschließen. Es bleibt jedoch, was wir schon lange wissen: Schafft es die EU nicht, schnellstens hier endlich weiterzukommen, wird sie irgendwann an der Frage der Migration zerbrechen. Und das kann niemand wollen.
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