
Eva Schütz: Trump startet durch – und die EU schläft
Gleich an Tag 1 seiner Amtszeit legt Donald Trump los und lässt keinen Zweifel aufkommen: Er macht das, was er im Wahlkampf angekündigt hat. Trump wirkt vorbereitet. Doch ist das auch der Rest der Welt – und insbesondere die EU?
Er ist wieder da. Am Montag – dem Martin-Luther-King-Day, einem Feiertag in den USA – wurde Donald Trump nach 2017 erneut als US-Präsident vereidigt. Seine knapp halbstündige Antrittsrede ließ seinen Vorgänger Joe Biden, der auf der rechten Seite saß, und die ehemalige Vizepräsidentin sowie Wahlkontrahentin Kamala Harris wie versteinert wirken. Regungslos ließen sie Trumps Ausführungen über sich ergehen, während der Rest des bis auf den letzten Platz gefüllten Capitols dem neuen Präsidenten teils frenetisch und mit Standing Ovations zujubelte. Nur einmal applaudierten die beiden Rivalen, als Trump den Gaza-Geiseldeal erwähnte. Der Rest seiner Rede war eine knallharte Abrechnung mit Bidens Amtszeit: kein Wort der Versöhnung, sondern die Ankündigung, dass unter ihm kein Stein auf dem anderen bleiben werde.
Gleich nach der Ablegung seines Amtseids begann Trump, seine Pläne in die Tat umzusetzen. Eine Flut an Dekreten sollte der Welt verdeutlichen, dass er es mit seiner Politik ernst meint. Die Südgrenze zu Mexiko wird angesichts der Migrationsströme aus Mittel- und Südamerika zum nationalen Notstandsgebiet erklärt, Kartelle werden künftig als Terrororganisationen eingestuft, ein nationaler Energienotstand ausgerufen, um die Förderung von Öl, Gas und Kohle zu beschleunigen. Zudem erfolgen der Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen und der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Begnadigung von mehr als 1.000 Anhängern des Capitol-Sturms sowie die Festlegung auf nur zwei Geschlechter. Auch die Handelsabkommen mit Kanada, Mexiko und China werden einer Überprüfung unterzogen.
Europa schaut gespannt in Richtung USA
Und Europa? Es macht das, was es am besten kann: Es schaut gespannt in Richtung USA und wirkt unkoordiniert und unvorbereitet – als wäre Trump überraschend über Nacht US-Präsident geworden. Auch der EU droht in den kommenden Tagen und Wochen ein eisiger Wind aus Washington. US-Zölle auf Importe aus der EU werden die ohnehin bereits schwer angeschlagene europäische Wirtschaft weiter belasten.
Wer ist Trumps Ansprechpartner?
Es stellt sich erneut die Frage: Wer ist Trumps Ansprechpartner in Europa? Vor diesem Hintergrund wird der neue US-Präsident auch im Russland-Ukraine-Konflikt Tempo und Druck machen. Sollte er Wort halten, und davon kann man ausgehen, wird er auch hier das Heft des Handelns übernehmen und womöglich an der EU vorbei eine Konfliktlösung herbeiführen. Das könnte Europa Frieden und Entspannung bringen, würde jedoch gleichzeitig die handelnden Akteure in Paris, Brüssel und Berlin alt aussehen lassen.
Das passt allerdings in den Trend der vergangenen Jahre: Europa spielt eine immer kleinere Rolle und wird für die USA zunehmend unbedeutender.
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