Billig, giftig, gefährlich: Shein und Temu bedrohen europäische Verbraucher
Was als harmloses Online-Schnäppchen beginnt, kann im schlimmsten Fall gesundheitsgefährdend enden. Eine aktuelle Untersuchung der Stiftung Warentest deckt auf, wie gravierend die Sicherheitsmängel bei Produkten der chinesischen Online-Plattformen Shein und Temu sind.
Die Tester nahmen 162 Artikel der beiden Plattformen unter die Lupe – mit einem erschütternden Ergebnis: Rund zwei Drittel der untersuchten Produkte verstoßen gegen geltende EU-Sicherheitsstandards, ein Viertel gilt sogar als potenziell gefährlich.
Die Mängel reichen von fehlenden Prüfsiegeln über hochgiftige Schadstoffe bis hin zu brandgefährlichen Elektronikartikeln. Besonders brisant: Viele dieser Produkte werden unkontrolliert über europäische Grenzen hinweg verkauft – meist ohne jede Qualitätskontrolle.
Giftiger Schmuck und gefährliche Babyartikel
Ein besonders drastisches Beispiel lieferte eine getestete Halskette: Ihr Anhänger bestand fast vollständig aus Cadmium, einem krebserregenden Schwermetall, das in der EU seit Jahren verboten ist. Doch solche Funde sind bei den Plattformen längst kein Einzelfall.
Auch im Bereich Kinderspielzeug wurden schwerwiegende Verstöße festgestellt. Babyschleifen, Stofftiere und Greiflinge wiesen leicht lösbare Kleinteile auf – eine unmittelbare Erstickungsgefahr für Kleinkinder besteht. Hinzu kamen Stofftücher, deren Formaldehydwerte deutlich über dem erlaubten Grenzwert lagen. Formaldehyd sorgt zwar für knitterfreie Textilien, kann in hoher Konzentration aber Kontaktallergien und Reizungen der Atemwege auslösen.
Shein und Temu: Vermittler ohne Verantwortung
Das Problem liegt im System. Shein und Temu fungieren nicht als Verkäufer, sondern als reine Vermittler, die tausende Kleinhändler auf ihrer Plattform bündeln. Dadurch tragen sie formal keine Verantwortung für die angebotenen Produkte – und können sich aus der Haftung ziehen.
Dieses „Schlupfloch im Onlinehandel“ führt dazu, dass Giftstoffe, minderwertige Elektronik und gefährliche Spielzeuge ungehindert nach Europa gelangen.
Europas Behörden im Blindflug
Der Befund offenbart ein massives Vollzugsdefizit: Während nationale Hersteller in der EU jedes Detail dokumentieren und zertifizieren müssen, überfluten Produkte aus Fernost den Markt weitgehend unkontrolliert. Zollstellen sind überfordert, Prüfkapazitäten fehlen – und die Plattformen profitieren.
Was fehlt, ist eine konsequente politische Reaktion. Trotz der wiederholten Warnungen bleibt der Import aus chinesischen Billigportalen kaum reguliert. Dabei wäre eine systematische Prüfungspflicht für ausländische Händler ebenso notwendig wie strengere Sanktionen gegen Anbieter, die wiederholt gegen wichtige Gesundheits- und Sicherheitsvorgaben verstoßen.
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