
„Explodiert ohne Warnung“ – Grazer Schul-Killer war laut Experten unaufhaltbar
Nach dem blutigen Schul-Massaker in Graz fordern Politiker schärfere Gesetze und mehr Kontrolle. Doch Experten dämpfen die Erwartungen: Solche Täter senden keine Warnsignale. Die Tat entsteht im Inneren – laut Psychiatern ist sie kaum aufzuhalten.
Nach dem schockierenden Amoklauf an einer Grazer Schule überschlagen sich die politischen Forderungen: strengere Waffengesetze, härtere Sicherheitskontrollen, mehr psychologische Betreuung. Doch führende Psychiater schlagen in eine ganz andere Kerbe – und zeichnen ein düsteres Bild: Solche Taten sind kaum zu verhindern. Denn der Entschluss zur Tat reift im Verborgenen – lautlos, unerkannt, tief in der Psyche des Täters.
„Es ist völlig unmöglich, weil die Täter im Vorfeld keine Signale senden“, sagt der renommierte Gerichtsgutachter Manfred Walzl. Und auch Psychiaterin Adelheid Kastner warnt: „Das Umfeld bekommt da wenig mit. Der Täter fällt in der Regel nicht auf.“
Täter lebt in Gedankenwelt aus Rache und Wahn
Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner erklärt gegenüber dem ORF, dass es sich bei sogenannten „School-Shootern“ meist um Täter mit massiven inneren Konflikten handelt – psychische Erkrankungen inklusive. „Die Hälfte ist psychisch krank“, so Kastner. „Sie leidet unter Realitätsverkennungen und Wahnvorstellungen, sieht sich verfolgt und bedroht – und will sich an der Welt rächen.“ Die andere Hälfte zeige oft narzisstische Strukturen, sei tief gekränkt, weil sie sich von der Welt nicht ausreichend anerkannt fühle.
Kastner macht klar: „Das Motiv bildet sich im Inneren des Täters. Das Umfeld bekommt davon kaum etwas mit.“ Der Täter sei unauffällig, zurückgezogen, unscheinbar, das soziale Umfeld völlig überfordert. „Es ist müßig, Kränkungen oder familiäre Ursachen zu vermuten. Die Entscheidung fällt ausschließlich im Täter – und er ist allein schuldig.“ Man könne ansonsten niemanden, auch auf gar keinen Fall die Familie, dafür verantwortlich machen.
„Keine Chance zur Verhinderung“ – Täter sendete keine Signale
Auch der renommierte Psychiater und Gerichtsgutachter Manfred Walzl sieht keine Möglichkeit, solche Taten zu verhindern – auch nicht mit strengen Kontrollen oder Technik: „Es ist völlig unmöglich, weil die Täter im Vorfeld keine Signale senden.“ Diese Taten hätten eher „schicksalhaften Charakter“ – nicht voraussagbar, nicht steuerbar, meinte er gegenüber der Krone.
Laut Walzl projizierte Arthur A. seinen Hass auf seine frühere Schule – die Institution, an der er sich als Versager empfand. Diese innere Kränkung habe sich über Monate aufgestaut, bis es zur „Explosion“ kam. Dass er ausgerechnet in seinem ehemaligen Klassenzimmer loslegte, sei kein Zufall: „Da habe ich versagt – aber an diesem Versagen sind für solche Täter immer die anderen schuld. Es ist egal, wen es trifft – es geht nur um Rache.“
Suizid war Teil des Plans – „Er hätte weitergemacht“
Walzl ist überzeugt: Ohne das rasche Eingreifen der Polizei hätte es weitere Opfer gegeben. Der Täter sei „umzingelt“ gewesen und habe dann den letzten Teil seines Plans umgesetzt: den Suizid. „Er wollte es selbst kontrollieren – und nicht mehr in die Realität zurück.“
Walzl warnt zudem vor einem besonders gefährlichen Effekt: der medialen Aufmerksamkeit, die psychisch labile Personen anziehen könnte. „Die Gefahr von Nachahmungstätern ist in den nächsten Tagen und Wochen real. Manche wollen dann auch im Mittelpunkt stehen – um es allen zu zeigen.“
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