Das Londoner Viertel Notting Hill, weltberühmt für seine farbenfrohen Hausfassaden und pastellfarbenen Reihenhäuser, sieht sich mit einer radikalen Veränderung konfrontiert – und das ausgerechnet wegen Sozialen Netzwerken. Genervt vom ständigen Ansturm auf ihre Straße, greifen immer mehr Bewohnerinnen und Bewohner zu einer drastischen Maßnahme: Sie streichen ihre Häuser schwarz.

Was auf den ersten Blick wie ein künstlerisches Statement wirken mag, hat einen ernsten Hintergrund: Die malerische Straße hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Hotspot für Influencer entwickelt. Täglich posieren dort Touristen, blockieren Hauseingänge, klettern auf Treppen, oder bitten Anwohnende sogar, kurz ins Haus zu verschwinden damit das perfekte Foto nicht ruiniert wird.

Fotowahn stoppen

Wie das Magazin 20Minuten berichtet, reicht es den Menschen in der Nachbarschaft jetzt. Die grellen Farben seien laut einem Rundschreiben „ein großer Anziehungspunkt für Fotos auf Social Media“. Die Konsequenz: Erste Häuser, welche sonst in Rosa und Hellblau leuchteten, sind inzwischen in düsterem Schwarz gestrichen – weitere sollen folgen. In einem offiziellen Brief an die Nachbarschaft rufen die Initiatoren dazu auf, mitzumachen – in der Hoffnung, den Fotowahn zu stoppen.

Ein Anwohner bringt die Frustration auf den Punkt: „Wir sind wohl auf irgendeiner Influencer-Liste gelandet – und jetzt kommen sie wie Schafe.“ Andere erzählen von Touristen, die mit Koffern voller Outfits anreisen, Treppen blockieren oder sich einfach ungefragt auf Privatgrund bewegen.

Hausbewohner sperren Eingänge mit Ketten und Seilen ab

Die Situation sei seit den Corona-Lockdowns eskaliert. Während Notting Hill schon zuvor ein beliebtes Fotomotiv war, habe sich das Ganze laut Anwohnern inzwischen in einen „Themenpark mit Dauerbelagerung“ verwandelt. Einzelne Hausbesitzer sperren ihre Eingänge bereits mit Ketten und Seilen ab.

Ein Betroffener, der sein Haus schweren Herzens ebenfalls dunkel gestrichen hat, sagt: „Ich hoffe, wir können irgendwann zur bunten Farbe zurückkehren.“ Doch solange der Influencer-Tourismus weiterwächst, scheint die Farbe Schwarz das letzte Mittel der Wahl zu sein. Es ist ein stiller Protest gegen ein digitales Phänomen, das längst reale Grenzen überschreitet.