So brutal war die Antike – mitten in Wien! Bei Baggerarbeiten auf einem Fußballplatz in Simmering stoßen Arbeiter auf Knochen – was dann ans Licht kommt, ist ein archäologischer Schock: Ein römisches Massengrab mit rund 150 toten Soldaten. Alle mit sichtbaren Kampfverletzungen. Die Männer wurden offenbar in aller Eile verscharrt – ohne Feuerbestattung, ohne Grabbeigaben. Einfach zugeschüttet. Als hätte man Angst gehabt, dass der Feind zurückkommt.

Eines steht jetzt fest: Die Geschichte Wiens muss neu geschrieben werden.

„Mir lief ein Schauer über den Rücken“

Was sich dort – nahe dem Zentralfriedhof – auftat, sei „gruselig“ gewesen, berichtet Archäologin Michaela Binder. Die Skelette stammen von jungen Männern, 20 bis 30 Jahre alt, alle in gutem Gesundheitszustand – und alle „auf grausamste Weise hingeschlachtet“, berichtet Binder.

Pfeile, Lanzen, Hieb- und Stichwaffen: Die Spuren eines brutalen Nahkampfes sind unübersehbar. Ein Dolch mit Scheide, Lanzenspitzen, Reste eines Schuppenpanzers, Schuhnägel – alles passt ins Bild: römisches Militär, späte erste Jahrhundert.

Einzigartiger Fund aus dem blutigen Jahr 92 nach Christus

Die Forscher vermuten: Die Männer starben um das Jahr 92 n. Chr., als der spätere Stadtteil Vindobona (heute 1. Bezirk) noch kaum befestigt war. Der römische Kaiser Domitian führte damals erbitterte Kämpfe entlang der Donaugrenze. Es könnte sich um die Reste einer ganzen ausgelöschten Legion handeln – in historischen Quellen ist tatsächlich von einem Legionenverlust in genau diesem Jahr die Rede.

Martin Mosser von der Stadtarchäologie: „Der Fund ist für Mitteleuropa einzigartig – und könnte erklären, warum Vindobona später unter Kaiser Trajan massiv ausgebaut wurde.“

Simmering als Tatort der Antike

Wer hätte gedacht, dass unter dem Simmeringer Sportplatz, wo heute Kicker dem Ball nachjagen, einst römische Soldaten in blutiger Schlacht ihr Leben ließen?

Ein Helmut-Qualtinger-Zitat drängt sich plötzlich ganz anders auf: „Simmering gegen Kapfenberg – das nenne ich Brutalität.“ Damals war’s allerdings kein Spaß.

„Tausend neue Fragen“ – und bald eine Ausstellung

Die Forscher sprechen vom größten Römerfund in Wien seit Jahrzehnten. „Ein welthistorischer Fund“, unterstreicht Wien-Museum-Direktor Matti Bunzl. Jetzt folgen DNA-Analysen, Isotopen-Untersuchungen und internationale Forschungsteams.

Eine erste Ausstellung ist für das Römermuseum am Hohen Markt geplant – in zwei Jahren. Bis dahin heißt es: Warten und Staunen.