Ein japanisches Forscherteam rund um Katsuhiko Hayashi hat geschafft, was vielen bisher als Tabubruch galt: Die Geburt von Mäusen, bei denen zwei Väter genetisch beteiligt sind – eine Mutter? Nicht vorgesehen. Möglich macht das ein Verfahren namens In-vitro-Gametogenese (IVG). Damit könnten bald auch gleichgeschlechtliche Paare – oder kinderlose Singles – eigene Kinder „erzeugen“. Ohne Eizellspende. Ohne Schwangerschaft. Ohne Mutter.

Aus Hautzellen wird Leben – Labor statt Natur

Der wissenschaftliche Ablauf klingt kühl, technisch – und hochbrisant: Aus Hautzellen männlicher Mäuse wurden sogenannte pluripotente Stammzellen gewonnen – also Zellen, die noch verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten in sich tragen. Dann wurde das Y-Chromosom entfernt, die Zelle zu einer Eizelle umprogrammiert – und mit dem Sperma eines zweiten Männchens befruchtet. Das Ergebnis: Mäusenachwuchs mit doppeltem Vater – und ohne jede biologische Mutter.

Wie die tagesschau berichtet, ist das Verfahren momentan nur im Tiermodell möglich. Doch Forscher, Lobbygruppen und Tech-Start-ups drängen schon weiter: „Aus technologischer Sicht werden wir wahrscheinlich in zehn Jahren aus Stammzellen eizellähnliche Zellen für die Reproduktion gewinnen können“, sagt Hayashi in Osaka. Geht die Prognose auf, könnten künftig Menschen im Labor entstehen – ganz ohne natürliche Fortpflanzung.

Kind auf Bestellung? Jetzt sollen auch Männer Mütter werden dürfen

Verfechter der Technik versprechen Heilung für unfruchtbare Paare – und ein „Recht auf Elternschaft“ für alle. Gleichgeschlechtliche Paare könnten auf Spenden verzichten, auch ältere Frauen könnten noch Kinder austragen. Die Natur soll den Wünschen des Menschen weichen.

Doch wer zieht hier die Grenzen? Laut einer belgischen Studie aus dem Jahr 2022 befürworten zwei Drittel der Befragten IVG für unfruchtbare und homosexuelle Paare. Wenn es jedoch um Frauen nach der Menopause geht, kippt die Zustimmung – hier lehnt die Mehrheit künstliche Mutterschaft klar ab. Die Sorge: Die Reproduktionsmedizin überschreitet eine rote Linie.

Das Ende der Familie, wie wir sie kennen?

Die gesellschaftlichen Folgen dieser Forschung könnten tiefgreifender kaum sein. Kritiker warnen längst vor dem Ende der natürlichen Familie. Was passiert mit dem traditionellen Bild von Mutter, Vater und Kind? Wird es bald von Labor-Modellen verdrängt?

Die Ökonomin Debora Spar provoziert bereits mit der These, die klassische Ehe sei ohnehin nur ein „Immobiliengeschäft“ zur Sicherung des Erbes gewesen. Mit IVG könnten alle familiären Strukturen neu geschrieben werden – zugunsten eines medizinisch kontrollierten Baukastensystems.

Milliardengeschäft mit dem künstlichen Kind

Während Forscher noch zögern, sind Start-ups wie Gameto oder Conception bereits auf dem Sprung in den Markt. Sie sprechen offen darüber, dass IVG schon bald für Menschen verfügbar sein könnte. Die Reproduktionsmedizin wird zum Milliardenbusiness – mit kaum absehbaren Folgen.