750 Flüchtlinge in drei Tagen: Das ist die neue Flüchtlingsroute nach Europa
Immer mehr Migranten erreichen Kreta über das Mittelmeer – meist von Libyen aus. Seit Freitag trafen rund 750 Menschen ein.
Die griechische Insel Kreta rückt immer stärker in den Mittelpunkt der Migration nach Europa: Rund 750 Menschenerreichten die Insel seit Freitag – ihre Route führte sie laut griechischer Küstenwache von der libyschen Küste direkt über das Mittelmeer. Allein 430 von ihnen wurden südlich von Kreta von Frachtschiffen aufgenommen und an die Küstenwache übergeben, berichtete der staatliche Sender ERTnews.
Nach Angaben des UNO-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) sind im ersten Halbjahr 2025 insgesamt 16.848 Menschen per Boot in Griechenland angekommen – davon mehr als 7.100 allein auf Kreta. Die Route von Tobruk in Libyen nach Kreta hat sich in den vergangenen Monaten zu einem der wichtigsten Migrationswege entwickelt. Laut dem für die Küstenwache zuständigen Minister Vassilis Kikilias stieg die Zahl der Ankünfte auf Kreta gegenüber dem Vorjahr um rund 350 Prozent.
Kleine Insel Gavdos massiv überlastet
Besonders betroffen ist auch die kleine Insel Gavdos, südlich von Kreta. Dort leben nur rund 70 Menschen dauerhaft – doch allein im Juni kamen mehr als 2.500 Flüchtlinge per Boot an. Die Bürgermeisterin spricht von einer „schweren Last“ und betont: „Wir haben nicht die Kapazitäten, um diese Ströme zu bewältigen.“ Sie fordert institutionelle Lösungen.
Am vergangenen Wochenende erreichten zunächst 44 Menschen Gavdos, später landeten 236 weitere an vier Küstenorten im Süden Kretas. Alle gaben an, ihre Überfahrt in Tobruk gestartet zu haben. Laut Behörden zahlen Migranten zwischen 4.000 und 6.000 Euro pro Kopf für die etwa 300 Kilometer lange Überfahrt – so berichten kretische Medien.
EU reagiert: Brunner reist nach Libyen
Auch die EU-Kommission zeigt sich alarmiert. Der zuständige Kommissar Magnus Brunner kündigte eine Reise nach Libyen an – gemeinsam mit den Migrationsministern aus Griechenland, Italien und Malta. Ziel ist ein politischer Austausch sowohl mit der international anerkannten Regierung in Tripolis als auch mit der Gegenregierung im Osten, die von General Chalifa Haftar unterstützt wird.
Brunner sprach zuletzt von einem Anstieg der Migrationsversuche aus Libyen um elf Prozent. Die neue Route nach Kreta bereite der Kommission „durchaus Sorgen“. Mit dem Besuch in Libyen wolle die EU ein Signal setzen, dass sie in Migrationsfragen „geschlossen auftrete“.
Die EU versucht seit Jahren, Abfahrten aus Libyen zu unterbinden – unter anderem durch finanzielle und logistische Unterstützung der libyschen Küstenwache. Menschenrechtsorganisationen werfen den libyschen Behörden jedoch Folter und Misshandlung von Migranten vor – und der EU, bewusst wegzusehen.
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