Aus der „Fortschrittskoaltion” wird die „Aufschwungkoalition”, erklärte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und hielt fest: „Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam sehr viel bewegen werden für Wien. Diese Koalition war nicht eine Entscheidung gegen andere Parteien, sondern es war eine Entscheidung für eine bestehende Koalition.” Er hoffe auf gute Zusammenarbeit auch mit den anderen Fraktionen, betonte er.

Diese Hoffnung wurde allerdings recht schnell zunichte gemacht – die Opposition benannte die „Aufschwungkoalition” sofort in „Abwärtskoalition” um.

FPÖ: „Unverbindliche Absichtserklärungen anstelle echter Reformen"

So kritisierten der FPÖ-Chef Stadtrat Dominik Nepp und der freiheitliche Klubobmann Maximilian Krauss: „Der von SPÖ und NEOS angekündigte ‚Aufschwung‘ entpuppt sich bereits jetzt als das, was er in Wahrheit ist: ein ‚Abschwungsprogramm mit Ansage‘, das für die Wiener Bevölkerung weitere Belastungen statt Entlastung bringen wird.“

Wenig Begeisterung bei der Wiener FPÖ bei der konstituierenden Sitzung im Wiener Rathaus.APA/HELMUT FOHRINGER

In seiner Rede wurde Krauss konkret: „Die Probleme unserer Stadt werden unter dieser Koalition nicht gelöst, sondern weiter verschärft: Rekordinflation, explodierende Gebühren, ein Bildungssystem mit über 50 Prozent nicht-deutschsprachigen Kindern, massive Sicherheitsdefizite und eine völlig aus dem Ruder gelaufene Mindestsicherungspolitik, die Sozialasylanten belohnt und arbeitende Wiener belastet.“

Auch Nepp rechnete hart mit der neuen, alten Koalition ab: „Die Probleme sind bekannt, Lösungen liegen längst auf dem Tisch – aber der politische Wille fehlt. Das hat auch die Antrittsrede von Bürgermeister Ludwig gezeigt, deren Elan eher die des Abschwungs denn des Aufschwungs prolongiert hat.“

ÖVP: „Unkonkret, schwammig, oberflächlich und ambitionslos"

Ebenso von einer Abwärts- statt einer Aufschwungkoalition spricht die Wiener Volkspartei: „Der Abwärtskurs für Wien wird in gleicher Besetzung fortgesetzt. Das schwammige Programm ist eine Enttäuschung trotz niedriger Erwartungen”, so das Urteil der Wiener ÖVP.

„Anstatt tatsächlicher Reformen für die zentralen Herausforderungen unserer Stadt, wie die massiven Probleme bei der Mindestsicherung, beim Budget und vor allem auch im Bildungsbereich, sollen diese nur ‚evaluiert‘ werden – die Worte ‚Reform‘ und ‚umsetzen‘ sind generell wie Fremdwörter für die Stadtregierungsparteien“, so der Klubobmann der Wiener Volkspartei, Harald Zierfuß.

„Trotz ohnehin niedriger Erwartungen ist die Enttäuschung über dieses Abwärtsprogramm groß. Die Abwärtskoalition von SPÖ und NEOS steht für leere Überschriften ohne konkrete Maßnahmen", kritisiert der Klubobmann der Wiener Volkspartei, Harald Zierfuß.zierfuss.at/ÖVP Wien

Ein Blick ins Regierungsprogramm von SPÖ-NEOS bestätigt Zierfuß´Kritik. Auf knapp zweihundert Seiten kommt 85-mal das Wort „evaluieren” vor, 132-mal das Wort „weiterentwickeln” und nur 12-mal ist von „Reform” die Rede. Besonders in der Kritik der Volkspartei: Auch die Mindestsicherung soll nur „evaluiert” werden und vom Wahlversprechen „1.000 Sprachförderkräfte für Wiens Kindergärten” ist nichts mehr übrig.

Als Volkspartei-interne Kritik wurde allerdings angemerkt, dass die Wiener Volkspartei am Tag des Grazer Amoklaufs um 20 Uhr die VP-Funktionäre über diese Wiener „Abwärtskoalition” per Zoom-Call informierte – „wo bleibt das Mitgefühl?”, fragt ein Funktionär aus dem Parlament.