In fünf Jahren deutscher Bürger zu werden, bleibt möglich. Eine von der Union angepriesene „Migrationswende“ wird damit nicht erreicht – während Abschiebungen scheitern, steigen die Zahlen der Einbürgerungen.

Denn: Ab heute wird Friedrich Merz verkünden, seine Regierung habe die Einbürgerungsreform der Ampel rückgängig gemacht. „Wir stoppen die Turbo-Einbürgerung“, kündigte er schon im April auf X an – ein Satz, der nach einer Generalbremsung klingt. In Wahrheit aber betrifft der viel zitierte Stopp nur einen winzigen Teil der Reform: Die Möglichkeit, nach nur drei Jahren eingebürgert zu werden, wird gestrichen. Der Rest bleibt.

NIUS/NIUS

Zur Einordnung: Mit der Ampel-Reform des Staatsangehörigkeitsrechts konnten Einbürgerungen schneller erfolgen und doppelte Staatsbürgerschaften wurden grundsätzlich erlaubt. Die Einbürgerungsfrist sank von acht auf fünf Jahre, bei „besonderen Integrationsleistungen“ auf drei. In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern erhielten automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil seit fünf Jahren rechtmäßig hier lebte. Angehörige der Gastarbeitergeneration mussten keinen schriftlichen Sprach- oder Einbürgerungstest mehr ablegen, um ihre „Lebensleistung“ zu würdigen.

Was jetzt wirklich passiert

Im am Mittwoch im Bundestag diskutierten Gesetzentwurf der Regierung heißt es:

„Die im Rahmen der jüngsten Reform des Staatsangehörigkeitsrechts geschaffene Einbürgerungsmöglichkeit nach drei Jahren soll entfallen und künftig generell eine Voraufenthaltszeit von mindestens fünf Jahren zugrunde gelegt werden. Mit der Streichung der ‚Turboeinbürgerung‘ wird der grundlegenden Bedeutung der im Inland zurückgelegten Voraufenthaltszeit als integrativer Einbürgerungsvoraussetzung Nachdruck verliehen.“

Mit anderen Worten: Die 3-Jahres-Variante verschwindet – aber die Reform bleibt intakt. Auch weiterhin besteht das Recht, dass jeder, der nur fünf Jahre in Deutschland lebt und ein paar Kriterien erfüllt, eingebürgert werden kann und den deutschen Pass erhält.

Mogelpackung „Migrationswende“

Merz hatte als Oppositionsführer eine Abschaffung der 3-Jahres-Option gefordert. Jetzt erfüllt er sich diesen Wunsch – und verkauft den minimalen Eingriff als Teil seiner „Migrationswende“.

Der rhetorische Trick: In der öffentlichen Wahrnehmung verschmilzt der Begriff „Turbo-Einbürgerung“ mit der gesamten Reform. Wenn Merz also sagt, die Turbo-Einbürgerung werde gestoppt, klingt das, als sei das gesamte Gesetz aus der Ampelzeit vom Tisch. Dabei bleibt der Kern – Einbürgerung nach fünf Jahren – unverändert.

APA/AFP/Odd ANDERSEN

Steigende Einbürgerungszahlen

Laut dem Statistischen Bundesamt betrifft die 3-Jahres-Turboeinbürgerung nur einen Bruchteil der Fälle. Für 2024 heißt es: „Etwa 7 % der Einbürgerungen erfolgten nach einer verkürzten Aufenthaltsdauer durch besondere Integrationsleistungen (§ 10 Abs. 3 StAG).“

Währenddessen gehen die Einbürgerungen unvermindert weiter: Im ersten Halbjahr 2025 wurden in Deutschland hochgerechnet 148.000 Menschen eingebürgert, während lediglich 11.807 Personen abgeschoben wurden. Auch diese Zahlen stammen vom Statistischen Bundesamt und der Bundesregierung.

Bis Ende August dieses Jahres haben allein in Berlin bereits mehr Menschen einen deutschen Pass erhalten als im gesamten Jahr zuvor. Nach Angaben des Berliner Landesamts für Einwanderung (LEA), so berichtet der Tagesspiegel, wurden seit Jahresbeginn 27.055 Personen eingebürgert – im Vorjahr lag die Gesamtzahl noch bei 21.811.

Dieser Beitrag ist ursprünglich bei unserem Partner-Portal NIUS erschienen.