Alle Attentäter in Haft: Moskau denkt an Rückkehr zu Todesstrafe
Während Putin stolz die Inhaftierung aller Moskau-Attentäter verkündet, diskutieren Regierungsmitglieder im Kreml und die russische Bevölkerung über die Wiedereinführung der Todesstrafe. Die Zahl der Terror-Opfer wird inzwischen mit 137 angegeben.
Ein Gericht in Moskau hat am Sonntagabend die ersten Haftbefehle gegen mutmaßliche Akteure des blutigen Terroranschlags auf eine Konzerthalle nordwestlich der russischen Hauptstadt erlassen. Vier Tadschiken, die in Russland gelebt haben, wurden der Beteiligung an einem terroristischen Angriff beschuldigt. Die Verdächtigen sollen auf Anordnung des Gerichts für zwei Monate in Untersuchungshaft genommen werden. Drei Verdächtige bekannten sich schuldig.
Russische Medien veröffentlichten Bilder aus dem Gerichtssaal, die die Verdächtigen zeigen sollen. Demnach wurde einer der Verdächtigen in einem Rollstuhl in das Gericht gebracht. Ihm schien ein Auge zu fehlen. Ein anderer Verdächtiger trug einen Verband über dem rechten Ohr, ein weiterer wies ein blaues Auge auf und hatte ein zerrissenes Plastiksackerl um den Hals. Das Gesicht eines vierten Verdächtigen schien geschwollen zu sein und er konnte kaum die Augen offen halten.
Putin-Getreue wollen Rückkehr der Todesstrafe
„Tod für Tod“: Während Putin stolz die Inhaftierung der Moskau-Attentäter verkündete, fordern führende russische Politiker, die seit 1996 per Moratorium ausgesetzte Todesstrafe wiedereinzuführen. „Jetzt werden viele Fragen zur Todesstrafe gestellt. (…) Es wird eine Entscheidung getroffen werden, die der Stimmung und den Erwartungen unserer Gesellschaft entspricht“, sagte am Wochenende der Fraktionschef der Regierungspartei Geeintes Russland, Wladimir Wassiljew, in einem Video. Diese solle in Fällen von „Terrorismus und Mord“ zum Tragen kommen.
Putin sieht „ukrainische Spur“ hinter dem Anschlag
In dem Veranstaltungszentrum Crocus City Hall bei Moskau mit Tausenden Plätzen hatten am Freitag mehrere Täter wahllos auf Besucher geschossen, ehe sie das Gebäude in Brand steckten. Dabei starben mindestens 137 Menschen, die Zahl der Verletzten stieg inzwischen nach neuesten Angaben der Gesundheitsbehörden auf 182. Insgesamt wurden nach der Tat elf Verdächtige festgenommen, berichtete die Staatsagentur Tass.
Die Terrormiliz Islamischer Staat reklamierte die Tat für sich, doch sieht der russische Präsident Wladimir Putin vielmehr eine “ukrainische Spur” hinter dem Anschlag – ohne Beweise dafür anzuführen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Putin vor, die Schuld auf die Ukraine abwälzen zu wollen. Es sei “absolut vorhersehbar” gewesen, dass Putin 24 Stunden lang geschwiegen habe, bevor er den Anschlag mit der Ukraine in Verbindung gebracht habe, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache.
Nationaler Tag der Trauer für die 137 Toten des Anschlags
Russland gedachte nach dem schwersten Anschlag seit 20 Jahren mit einem nationalen Tag der Trauer der Opfer. Flaggen wehten am Sonntag landesweit auf halbmast. Zahlreiche Menschen legten Blumen am Anschlagsort, der ausgebrannten Crocus City Hall, am Rande von Moskau nieder, wo vier Attentäter am Freitagabend bei einem Konzert der noch aus der Sowjet-Zeit stammenden Rockgruppe Picnic um sich schossen.
Die Mitglieder der populären russischen Rockband Piknik legten am Sonntagabend vor der Crocus City Hall Blumen für die Opfer ab. Nach einer Gedenkminute sprachen sie den Hinterbliebenen der 137 Toten ihr Mitgefühl aus, wie die Staatsagentur Tass berichtete. “Diese Gräueltat ist eine sinnlose, unvorstellbare Grausamkeit”, sagte Bandleader Edmund Schkljarski. “Dabei ist es nicht einmal eine Gräueltat, denn selbst Untiere tun so etwas nicht”, so Schkljarski. Unter den Todesopfern war auch eine Assistentin der Band, wie Piknik am Sonntag mitteilte.
Russland will indes nach Worten des Vizechefs des russischen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, die Drahtzieher des Anschlags ins Visier nehmen. “Wir werden jeden einzelnen (der Getöteten und Verletzten) rächen. Und diejenigen, die daran beteiligt sind, unabhängig von ihrem Herkunftsland und ihrem Status, sind jetzt unser wichtigstes und legitimes Ziel”, gab Medwedew über Telegram bekannt.
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